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# taz.de -- Gastkommentar Rechtsstaat Türkei?: Strafverteidiger sind keine Ter…
> Erdoğan verfolgt und schikaniert Strafverteidiger in der Türkei. Das
> beklagt der Chef des Deutschen Anwaltvereins in diesem Gastbeitrag.
Bild: Recep Tayyip Erdogan
Allein die Zahlen verraten viel über den Rechtsstaat in der Türkei: Seit
dem Putschversuch im Juli 2016 wurden mehr als 120.000 Menschen aus dem
öffentlichen Dienst suspendiert. Rund ein Drittel der Richter und
Staatsanwälte sind entlassen – es gab 50.000 neue Haftbefehle.
Unabhängig von der rechtlichen Bewertung ist es kaum vorstellbar, wie ein
Rechtsstaat unter diesen Bedingungen funktionieren soll. Erdoğan zersetzt
aber nicht nur die Justiz. Was bei Richtern und Staatsanwälten begann, hat
längst die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erreicht. Die Regierung
setzt auf Angst und Schikane, wenn es darum geht, den Rechtsbeistand zu
demoralisieren.
Die einst freie Rechtsanwaltschaft sieht sich in der Türkei in Sippenhaft
genommen. Wer einen vermeintlichen Terroristen verteidigt oder berät, wird
selbst zum Terroristen erklärt. Damit erzeugt Erdoğan einen Nährboden der
Angst, auf dem es unmöglich ist, für die Rechte der Menschen in der Türkei
zu kämpfen.
Die Bandbreite des staatlichen Instrumentariums reicht vom Entzug der
Zulassung bis zur Inhaftierung. Man wird also wegen der eigenen
anwaltlichen Tätigkeit verfolgt.
Neben der Verfolgung der Anwälte selbst wird deren Arbeit behindert. Wenn
Anwältinnen und Anwälte ihre Mandanten nur ein Mal pro Woche für eine
Stunde in der Haft besuchen dürfen, Gespräche überwacht und Notizen
verboten werden, dann hat das mit einem Rechtsstaat nichts zu tun. Bei
Besuchen in Ankara berichteten uns Anwälte sogar vom Einzug von Banknoten
vor dem Gespräch. Schließlich könne man darauf Notizen machen.
Trotz allem gibt es sie noch: Kolleginnen und Kollegen, die sich dieser
Angst widersetzen. Und doch sind es gerade diese Kolleginnen und Kollegen,
die unsere Unterstützung und Solidarität brauchen. Denn: Wo es keine freie
und unabhängige Anwältinnen und Anwälte mehr gibt, ist der Rechtsstaat ganz
am Ende. Denn eines ist sicher: Der Verteidiger des vermeintlichen
Terroristen macht nur seine Arbeit und ist kein Terrorist.
25 Oct 2017
## AUTOREN
Ulrich Schellenberg
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Justiz
Peter Steudtner
Melih Gökçek
Türkei
taz.gazete
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