# taz.de -- Besucherliebling im Naturkundemuseum: Dino mit kolonialer Vergangen… | |
> Seit 80 Jahren zieht der Brachiosaurus das Publikum an. Doch nun steht | |
> die Frage im Raum: Hat Deutschland seine Überreste geraubt? | |
Bild: Über dem Kopf des Brachiosaurus (außerhhalb des Bildes) könnten sich b… | |
Das Berliner Naturkundemuseum hat viel zu bieten. Über 30 Millionen Objekte | |
werden ausgestellt. Besonders Dino-Fans kommen auf ihre Kosten. Seit 2015 | |
wird das fast vollständige Skelett eines Tyrannosaurus Rex gezeigt – als | |
erstes Originalskelett in Europa überhaupt. | |
Doch zum Besucherliebling hat es für Tristan, wie der T-Rex heißt, nicht | |
gereicht. Ein anderer Dino zeigt sich als große Konkurrenz – die größte | |
überhaupt: der Brachiosaurus brancai, mit 13 Metern Höhe das größte | |
ausgestellte Saurierskelett der Welt. Seit 1937 stehen die Knochen des | |
pflanzenfressenden Riesen im Lichthof des Museums. | |
Was nun bekannt wird: Die beeindruckenden Überreste sind Ausdruck eines | |
dunklen Kapitels deutscher Geschichte. Das Skelett stammt aus | |
Fossilienausgrabungen zwischen 1909 und 1913 am Berg Tendaguru – damals | |
Teil von Deutsch-Ostafrika, heute Tansania. Grundlage für die Grabungen war | |
eine Vereinbarung zwischen dem deutschen Kaiserreich und sechs | |
afrikanischen Vertretern, die das Gebiet um die Grabungsstätte zu | |
herrenlosem Land erklärte und als „Kronland“ in deutschen Besitz übergab. | |
Ziel der Deutschen war es, die dortige Bevölkerung (herrenlos war das Land | |
also nicht) von den Ausgrabungen fernzuhalten – zumindest insofern, dass | |
sie keine Ansprüche stellen konnten. Als ArbeiterInnen waren sie durchaus | |
erwünscht – rund 500 GrabungshelferInnen aus der Region schufteten für die | |
Kolonialherren. Sie buddelten über 230 Tonnen fossilen Materials aus, das | |
nach Deutschland verschifft wurde, darunter auch den Brachiosaurus. | |
## Wie umgehen mit der kolonialen Vergangenheit? | |
Seit 2015 nimmt ein Forschungsbund von Naturkundemuseum, Humboldt-Uni und | |
TU Berlin die koloniale Vergangenheit des Riesen-Dinos unter die Lupe. Und | |
die jetzt bekannt gewordenen Zwischenergebnisse lassen erkennen: Da gab es | |
eine Verflechtung zwischen Museum und Kolonialismus – sogar eine sehr enge. | |
Damit reiht sich das Dinoskelett des Naturkundemuseums ein in eine Reihe | |
von Diskussionen über den richtigen Umgang mit deutsch-afrikanischer | |
Kolonialgeschichte in Berlin. Das Naturkundemuseum hat angekündigt, die | |
endgültigen Forschungsergebnisse in die Ausstellung einfließen lassen zu | |
wollen. Auf die koloniale Vergangenheit und Verflechtung soll eingegangen | |
und Fehler klar benannt werden. | |
Dennoch werden Stimmen lauter, die eine Rückgabe des Skeletts an das | |
afrikanische Land fordern. Dem ist aber zunächst ein Riegel vorgeschoben – | |
von der Regierung Tansanias selbst. Die erklärte nämlich, es mangle in dem | |
Land an Kapazitäten und Technologien, um die Fossilien angemessen | |
aufzubewahren und auszustellen. | |
23 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Sophie-Isabel Gunderlach | |
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