# taz.de -- Somalia nach dem Terroranschlag: Ein ganzes Land unter Schock | |
> 300 Menschen starben bei einem Terroranschlag. Noch ist Somalias | |
> Regierung nicht stark genug, um gegen die Shabaab-Islamisten zu bestehen. | |
Bild: Bergung von Leichen am Anschlagsort in Mogadischu | |
Drei Tage nach dem blutigsten Anschlag der somalischen Geschichte stehen | |
die Einwohner der Hauptstadt Mogadischu noch unter Schock. Am Montag lag | |
die Zahl der Todesopfer des [1][Anschlags vom Samstagabend] bei rund 280, | |
aber noch immer werden in den Trümmern Leichen gefunden. Krankenhäuser sind | |
überfüllt. Einige Verwundete wurden zur Behandlung in die Türkei | |
ausgeflogen. | |
Jeder in Somalia glaubt, dass das Attentat von den radikalislamistischen | |
Shabaab-Milizen verübt wurde. Dass die Shabaab nicht die Verantwortung | |
übernommen haben, könnte darauf hinweisen, dass das Ziel des Anschlags | |
nicht der belebte Platz war, wo der Lastwagen voller Sprengstoff | |
explodierte. Gewöhnlich richtet Al-Shabaab seine Anschläge gegen Militär, | |
Polizei oder Regierung. Dieses Mal sind Hunderte zufällig anwesender | |
Zivilisten tot – keine gute PR für die Bewegung. Einen Tag nach dem | |
Anschlag demonstrierten Menschen in Mogadischu gegen Al-Shabaab. | |
Der schwachen somalischen Armee und der regionalen Friedenstruppe Amisom | |
der Afrikanischen Union ist es zwar gelungen, die Terrorbewegung aus | |
Mogadischu und anderen größeren Orten zu vertreiben. Aber auf dem Lande hat | |
Al-Shabaab noch immer große Gebiete unter Kontrolle. Und es ist schwierig | |
für konventionelle Truppen, Guerillaanschläge zu verhindern. Voriges Jahr | |
kamen bei Anschlägen in Somalia mehr als 700 Menschen um. | |
Manche somalische Politiker gaben kurz nach dem Anschlag der EU und den USA | |
eine Mitschuld, weil sie nicht genug Geld für die Gehälter der Soldaten | |
geben und auch nicht dafür sorgen, dass die Regierungsarmee aus dem gegen | |
Somalia geltenden UN-Waffenembargo ausgenommen wird. Aber die Finanzhilfen | |
sind vor allem deshalb ausgetrocknet, weil viel von dem Geld nie beim | |
Militär landete. | |
In den vergangenen Wochen ist es Al-Shabaab gelungen, die somalische Armee | |
aus mehreren militärischen Positionen zu vertreiben. Und die Zahl der | |
Angriffe in der Hauptstadt stieg. Das alles ist eine besorgniserregende | |
Entwicklung, denn im nächsten Jahr wird der Rückzug der über 20.000 | |
Soldaten von Amisom beginnen, die von Äthiopien, Burundi, Dschibuti, Kenia | |
und Uganda gestellt werden. [2][Ende Mai 2018 soll die Mission vollständig | |
enden]. Dann muss Somalias Armee den Kampf gegen Al-Shabaab allein führen. | |
## Türkei errichtet Militärbasis | |
Zwar ist die Türkei in die Bresche gesprungen und hat vor Kurzem eine große | |
Militärbasis in Mogadischu eröffnet, um die somalische Armee zu trainieren. | |
Aber die Frage ist, ob das in kurzer Zeit möglich ist und ob auch die | |
Finanzierung geregelt werden kann. Jetzt passiert es oft, dass somalische | |
Militärs auf dem Markt ihre Waffen verkaufen, um Geld für ihre Familien zu | |
bekommen. | |
Der in Februar gewählte Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed, bekannt unter | |
seinem Spitznamen Farmaajo, hatte vor einem halben Jahr den totalen Krieg | |
gegen Al-Shabaab verkündet. Die Erwartungen der Bevölkerung waren hoch. | |
Aber selbst das Ausschalten von Shabaab-Führern durch US-Drohnenangriffe | |
scheint die Gruppe nicht entscheidend zu schwächen. | |
Vorige Woche traten Verteidigungsminister Abdirashid Abdullahi und | |
Generalstabschef General Mohamed Ahmed während der wöchentlichen | |
Kabinettssitzung zurück. Sie gaben keinen Grund an. Quellen in der | |
Regierung sprechen von tiefer Rivalität zwischen den beiden. In diese | |
Führungskrise platzt nun der verheerende Anschlag. Präsident Farmaajo wird | |
erst ernst machen können mit seinem Versprechen, wenn seine Kriegsmaschine | |
funktioniert. Bis dahin ist kein Ende von mehr als 25 Jahren Bürgerkrieg in | |
Somalia in Sicht. | |
16 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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