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# taz.de -- Kolumne „Nach Geburt“: Wir teilen unsere Mittelmäßigkeit!
> Druck durch „Attachment Parenting“-Ratgeber und -Blogs? Muss nicht sein.
> Sich die eigene Durchschnittlichkeit einzugestehen, hilft.
Bild: Es kann halt nicht jedes Elternteil so ein Superunterhalter sein wie Roar…
Tochter eins sitzt auf dem Klo: „Papa, ich hab gekackat!“, brüllt sie
Richtung Wohnzimmer.
Gut, denke ich, das Badezimmerfenster ist zwar gekippt, aber an diesen
Ausruf sollten sich die Nachbarn gewöhnt haben.
„Es sind zwei Klopse!“, schallt es aus dem Bad.
„Ein Klops schwimmt im Wasser, der andere ist draußen.“
Ich schließe mal lieber das Fenster.
Für den anschließenden Akt des Arschabwischens musste ich die Lektüre
eines [1][Zeit-Online-Artikels] unterbrechen.
Darin beklagt sich eine Mutter darüber, wie sehr ihr Versuch, die perfekte
Attachment-Parenting-Mutter zu sein, sie in die Isolation getrieben habe,
wie fertig sie nach mehreren Jahren Rund-um-die-Uhr-Kinderbetreuung gewesen
sei.
Attachment Parenting ist – ganz kurz – ein Erziehungsansatz, in dem sich
eben nicht das Kind dem Leben der Erwachsenen anzupassen hat, sondern sich
dem Kind zugewandt wird und die Eltern versuchen, ihr Leben den
Bedürfnissen des Kindes anzupassen.
So weit, so sinnvoll. Wirklich. Ich finde das gut.
Nur heißt Attachment Parenting in seiner modernen Form häufig aber auch:
Ich bekomme ein Kind und lese ganz viele Bücher oder Artikel zum Thema
Attachment Parenting und erzähle dann anderen Eltern, wie schön wir das
doch umgesetzt haben. Und/oder ich blogge darüber. Fotos von
Selbstgehäkeltem und kunstvoll geschnitztem Obst inklusive. Dazu gerne mal
ein gesponserter Beitrag.
Aus dieser BloggerInnen-Ecke haben Zeit Online und die Autorin dann auch
ordentlich auf die Fresse gekriegt. (Dass dieses Verächtlichmachen den
eigenen pädagogischen Ansprüchen genügt, wundert mich immer wieder.)
Da ist er, der Druck.
Wie kommt man da raus? Ich versuch es mal wie unser Bundespräsident und
mache mich ehrlich. Und halten Sie sich fest: Kinder zu haben ist insgesamt
mittelmäßig. Und ich bin als Vater: mittelmäßig.
Kein Wochenende, das ich bisher mit den Kindern erlebt habe, war so perfekt
wie einer dieser Wochenendzusammenfassungs-Blogbeiträge. Nachmittage auf
Spielplätzen sind eben oft schlicht langweilig.
Man wäscht mehr, man putzt mehr, man ist mal genervt, mal nicht, mal ist es
lustig, mal ärgerlich, mal sind die lieben Kleinen tatsächlich lieb, mal
sind sie fies. Mal kommt man besser klar, mal schlechter.
Das Leben mit Kind ist nicht beschissener als das vorherige. Es ist für
viele aber auch nicht erfüllender. Unterm Strich: Note 3.
Bei manchen mag es so sein, dass sie in ihren neuen Rollen komplett
aufgehen. Dann sollen sie darüber bloggen und ihre besten
Attachment-Parenting-Tipps verbreiten. Ist doch schön. Kann ich annehmen,
kann ich aber auch bleiben lassen. Es war mir schon immer egal, wenn
Menschen mir das gute Leben verkaufen wollten.
Also: Nehmen Sie aus dieser Kolumne mit, was Sie wollen. Aber nehmen Sie
sie nicht als Vorbild. Sie ist höchstens mittelmäßig.
13 Oct 2017
## LINKS
[1] http://www.zeit.de/kultur/2017-08/erziehung-attachment-parenting-eltern-ueb…
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
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