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# taz.de -- Kommentar Todesstrafe: Mit Menschenrechten unvereinbar
> Anlässlich des Welttags gegen die Todesstrafe: Wir müssen gemeinsam für
> eine Welt kämpfen, in der sie überflüssig ist, sagen sechs Außenminister.
Bild: Droht gerne mit der Wiedereinführung der Todesstrafe: der türkische Pr�…
Am Welttag gegen die Todesstrafe bekräftigen wir unser Engagement für die
weltweite Abschaffung der Todesstrafe.
Positiv ist, dass wir seit Jahrzehnten einen weltweiten Trend zur
Einschränkung und Abschaffung der Todesstrafe beobachten können. Von den
193 UNO-Mitgliedsstaaten wenden heute nur noch 36, also knapp 20 Prozent,
die Todesstrafe tatsächlich an. War die Todesstrafe in den 1980er Jahren
noch die Regel, ist sie heute die Ausnahme. Aus Europa ist die grausame
Strafe nahezu verbannt – mit einer Ausnahme. Es ist höchste Zeit, dass auch
Belarus die Hinrichtungen einstellt und sich Europa komplett von der
Todesstrafe befreit – für immer.
Mit Sorge sehen wir allerdings, dass in einigen Ländern der Welt ernsthaft
diskutiert wird, die Todesstrafe wieder einzuführen, und dass in anderen
Ländern Hinrichtungen nach langjährigen Moratorien wiederaufgenommen
werden. Dies widerspricht dem globalen Trend und teilweise dem Völkerrecht.
Wir rufen alle Staaten auf, ihre internationalen Verpflichtungen
einzuhalten und den Geist des Internationalen Pakts über bürgerliche und
politische Rechte zu respektieren, der eine schrittweise Abschaffung der
Todesstrafe vorsieht.
Viele Menschen dieser Welt leben immer noch in Staaten, in denen ihnen die
Todesstrafe droht. Sie laufen Gefahr, willkürlich oder sogar fälschlich zu
Tode verurteilt und hingerichtet zu werden. Häufig sind es arme Menschen,
die mit dem Tod bestraft werden, da ihnen die Mittel fehlen, sich wirksam
gegen Anschuldigungen zu verteidigen. Mit dem Motto „Armut und Justiz – ein
tödlicher Mix“ machen wir am heutigen Welttag auf diese Ungerechtigkeit
aufmerksam.
Auch Mitglieder von ethnischen, religiösen oder sexuellen Minderheiten
werden häufiger Opfer der Todesstrafe. In Resolutionen, die wir kürzlich im
UNO-Menschenrechtsrat verabschiedet haben, appellieren wir an alle Staaten,
die die Todesstrafe noch nicht abgeschafft haben, Diskriminierung und
Ungleichbehandlung durch die Todesstrafe zu beseitigen und die Todesstrafe
auf keinen Fall gegen minderjährige Straftäter, Personen mit einer
geistigen Behinderung und schwangere Frauen anzuwenden.
## Bedürfnis nach Vergeltung
Unabhängig davon, ob sie diskriminierend angewendet wird oder nicht;
unabhängig davon, ob sie unschuldig verurteilte Personen trifft oder nicht;
unabhängig davon, ob sie dazu verwendet wird, politische Gegner
auszuschalten oder nicht: Die Todesstrafe ist nicht vereinbar mit unserem
Verständnis der Menschenrechte.
Unsere nationalen Gesetze verbieten die Todesstrafe. Wir haben uns
international verpflichtet, nie wieder Todesurteile zu verhängen oder zu
vollstrecken, indem wir die entsprechenden Zusatzprotokolle zur
Europäischen Menschenrechtskonvention und zum Internationalen Pakt über
bürgerliche und politische Rechte ratifiziert haben. 85 Staaten haben den
gleichen Weg eingeschlagen und sich im Zweiten Zusatzprotokoll des
Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte zur
Abschaffung der Todesstrafe verpflichtet.
Wer denkt, die Todesstrafe sei ein Mittel gegen Gewalt, Verbrechen und
Terrorismus, dem halten wir Folgendes entgegen: Wissenschaftliche Studien
belegen, dass sich weder Verbrecher noch Terroristen durch die Todesstrafe
abschrecken lassen. Anstatt Gewalt vorzubeugen, schafft die Todesstrafe
noch mehr Gewalt. Sie mag zwar das Bedürfnis nach Vergeltung
zufriedenstellen, bringt aber keine Wiedergutmachung für die Opfer von
Verbrechen und ihre Angehörigen. Die Todesstrafe verschärft also die
Probleme, anstatt sie zu lösen.
## Todesstrafe hat im 21. Jahrhundert keinen Platz
Wir setzen uns dafür ein, dass die Würde und Menschenrechte jedes einzelnen
Menschen geschützt werden, nicht nur in unseren Ländern, nicht nur in
Europa, sondern auf der ganzen Welt. In unseren Augen steht die Todesstrafe
symbolhaft für die zahllosen Verletzungen der Menschenrechte in der
heutigen Welt. Die Todesstrafe hat im 21. Jahrhundert keinen Platz.
Im Dialog mit betroffenen Staaten werden wir uns dafür einsetzen, dass die
Todesstrafe eingeschränkt und abgeschafft wird. Ein weltweites Moratorium
wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin.
Wir werden fortfahren, die Todesstrafe in multilateralen Foren zu
thematisieren und uns mit globalen und regionalen Initiativen für die
Abschaffung einzusetzen. Wir anerkennen und unterstützen die Anstrengungen
von engagierten Frauen und Männern aus der Zivilgesellschaft, der Politik,
der Justiz, der Wissenschaft und der Kultur überall auf dieser Welt.
Gemeinsam wollen wir uns einsetzen für eine Welt ohne Todesstrafe.
10 Oct 2017
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Todesstrafe
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