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# taz.de -- Neuverfilmung von Stephen Kings „Es“: Der Horrorclown ist zurü…
> Rein körperlich ist der vielleicht anstrengendste Film des Jahres: Der
> Grusel-Klassiker „Es“ kommt wieder in die Kinos.
Bild: Weiß, was gleich passiert: der Clown Pennywise (Bill Skarsgård)
Subtil geht anders. Jedenfalls nicht so: Man hat die Brüder Bill (Jaeden
Lieberher) und Georgie (Jackson Robert Scott) kaum kennengelernt, als
Letzterer auch schon auf die regennasse Straße hinausläuft, seinem
Papierboot hinterher, und vorm Bordsteinausguss landet. Von dort, aus der
Tiefe, fesselt ihn ein Augenpaar und eine unangenehme Stimme verwickelt ihn
in ein Gespräch. Ein Clown!
Kurz darauf ist es auch schon aus mit Georgie. Eben waren er und sein
gelber Regenmantel noch da, jetzt sind sie weg. Eine Katze, die alles
beobachtet hat, blinzelt gleichgültig, wie es Katzen so tun. Von null auf
hundert und wieder zurück, so in etwa bewegt sich der Schreckensbarometer
in Andy Muschiettis Verfilmung des Stephen-King-Romans „Es“. Und da sind
noch keine fünf Minuten vergangen.
Aber natürlich hat das auch seinen Sinn: Dass man sich als Zuschauer von
Anfang an nach mehr Ruhe sehnt, nach längeren Pausen zwischen all den
horrenden Erlebnissen, die die kindlichen Helden durchleiden, bildet das
konstitutive Moment dieses Films. Hier entsteht die Unheimlichkeit nicht
aus der Stille, aus einer leise knarzenden Tür am Ende eines Ganges,
sondern ein Tropfen Blut verwandelt sich binnen Sekunden in einen reißenden
Strom, gefolgt von Tentakeln und anderem Ekelzeugs.
Ängste erweisen sich nie als unbegründet, sondern stets als harmlose
Vorahnungen von Dingen, die noch viel, viel schlimmer werden. Mit dieser
Dauerverdopplungstrategie, die Entspannung für den Zuschauer unmöglich
macht, ist „Es“ rein körperlich der vielleicht anstrengendste Film des
Jahres.
Dass man „Es“ aushält, liegt an seiner siebenköpfigen Heldentruppe, dem
„Klub der Verlierer“, wie sie sich in Kings Vorlage nennen. Im Film, der
die Handlung aus den 50er Jahren in die Bonanzarad-Epoche der 80er verlegt,
finden die 12–13-Jährigen nach und nach zusammen. Allesamt werden sie in
Situationen der Demütigung vorgestellt.
Bill kommt über den Verlust des Bruders nicht hinweg und wird wegen seines
Stotterns verlacht. Sein Freund Stan enttäuscht seinen Vater beim
Toralesen. Eddie hat Asthma und wird von einer kontrollierenden Mutter mit
Medikamenten vollgestopft. Richie trägt Brille und kompensiert seine
Unsicherheit mit falsch tönenden Sexangebereien. Ben ist dick, Mike ist
schwarz und Beverly schließlich, das einzige Mädchen unter ihnen, wird in
ihrer ersten Szene mit Müll übergossen und hat auch noch einen Vater, der
sie als „sein kleines Girl“ bedrängt.
## Reiche Nebengeschichten
Als wären die Elternhäuser nicht schrecklich genug, lauert ihnen, kaum dass
sie auf die Straße ihrer beschaulichen Kleinstadt gehen, eine Clique von
Halbstarken auf. Und wie gesagt, das alles ist ihre Vorgeschichte, ihr
Alltag. Man kann es auch so sehen: Mit Angst kennen sie sich aus. Der Clown
Pennywise (Bill Skarsgård) mit seinem Fluch trifft in dieser Hinsicht auf
wohl präparierte Opfer.
Die Sieben sind ein Glücksfall in der Besetzung. Jeder Einzelne von ihnen
hat so viel Charisma, dass sich die wenigen Momente, die der Film sie in
Nichthorrorsituationen zeigt, förmlich einbrennen. Das wissende Lächeln von
Ben, die melancholische Starre von Bill und Beverlys trotzig erhobener Kopf
ergeben reiche Nebengeschichten.
Und es mag die Kunst sein von Regisseur Andy Muschietti, dass er sie durch
die Übermenge an Schreckensmomenten nicht übertönt, sondern als rar und
wertvoll akzentuiert. So „rund“ sind ihre Charaktere, dass man der
Wiederbegegnung mit ihnen als Erwachsenen in der angekündigten Fortsetzung,
die 27 Jahre später spielt, voll Erwartung entgegensieht.
27 Sep 2017
## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
Stephen King
Horrorfilm
Serie
Filmrezension
Stephen King
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