# taz.de -- Erschienen zum Projekt „taz leicht“: Es kann so einfach sein | |
> Für Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt es einen besseren Zugang zu | |
> Lesestoff – und damit auch zu Teilhabe. | |
Bild: Das Logo für Leichte Sprache | |
Gespräche über Leichte Sprache beginnen meist mit der Frage: „Was ist das | |
denn, Leichte Sprache?“ Viele Menschen haben noch nie von Leichter Sprache | |
gehört. Sie wissen nicht, dass Leichte Sprache aus kurzen Sätzen besteht, | |
dass sie auf schwere Wörter verzichtet und mit einer leichten Grammatik | |
arbeitet. Dass Leichte Sprache für und gemeinsam mit Menschen mit | |
Lernschwierigkeiten entwickelt wurde. Also für Menschen mit einer | |
sogenannten geistigen Behinderung, die ihr eigenes Tempo beim Lesen, | |
Schreiben und Verstehen haben. | |
Das Thema Leichte Sprache spielt in Deutschland seit den Nullerjahren eine | |
verstärkte Rolle. Es gibt mittlerweile mehrere Regelwerke – die Sprache ist | |
im ständigen Wandel. In einem Jahr schon kann es andere Regeln geben und | |
neue politische Forderungen. Ab 2018 ist es für deutsche Bundesbehörden zum | |
Beispiel Pflicht, auch Informationen in Leichter Sprache anzubieten. Es | |
gibt in Deutschland dutzende Übersetzungsbüros für Leichte Sprache. Denn | |
die potenzielle Zielgruppe ist groß: Menschen mit Lernschwierigkeiten, | |
funktionale Analphabeten, Menschen mit Demenz und Menschen, die gerade | |
Deutsch lernen. | |
Da tut sich also vieles bei der Leichten Sprache. Und zugleich tut sich | |
doch wenig. Noch immer folgt auf das Thema Leichte Sprache auch diese | |
Reaktion: „Lohnt sich das?“ und „Brauchen das wirklich so viele?“ Ähnl… | |
gilt im Übrigen auch für andere Formen von Barrierefreiheit: | |
Audiodeskription für sehbehinderte Menschen im Kino, | |
Gebärdensprachdolmetscher für gehörlose Gäste auf Veranstaltungen und eine | |
rollstuhlgerechte Infrastruktur. [1][Bei etwa 7,6 Millionen | |
schwerbehinderten Menschen in Deutschland (PDF)] beantworten sich die | |
Fragen eigentlich von selbst. | |
Es fehlt noch an Sichtbarkeit, das zeigen diese Fragen. Menschen mit | |
Behinderung kommen auf dem Arbeitsmarkt, in Medien oder in der Politik kaum | |
vor. Dabei gehören sie in Deutschland und auch weltweit mit ungefähr 650 | |
Millionen Menschen zur größten Gruppe unter den Minderheiten. Seit 1994 ist | |
die Gleichheit von Menschen mit Behinderung in Artikel 3 des Grundgesetzes | |
verankert. Im Jahr 2009 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention in | |
Deutschland ratifiziert. | |
2016 wurde das Bundesteilhabegesetz erlassen. Auch Leichte Sprache ist hier | |
verankert. Das sorgt für Sichtbarkeit. Obwohl man auch sagen könnte: Es | |
gibt diese Gesetze eben doch erst seit 1994, erst seit 2009 und erst seit | |
2016. Andere Staaten machen eine wesentlich bessere und fortschrittlichere | |
Behindertenpolitik. | |
Vorbild Skandinavien: In Schweden zum Beispiel ist Leichte Sprache längst | |
alltäglich. In Deutschland gab es bis vor einigen Jahren vor allem | |
trockene, bürokratische Übersetzungen in Leichter Sprache. Aber niemand | |
liest am Frühstückstisch oder in der Bahn gerne Mietverträge und | |
Gebrauchsanleitungen. Aber die Lage ändert sich langsam: Mittlerweile gibt | |
es Reiseführer in Leichter Sprache, Promi-News, Museums-Ausstellungen und | |
Wolfgang Herrndorfs „Tschick“ (den bekannten Jugendroman, der inzwischen | |
auch verfilmt wurde) immerhin in der komplexeren Einfachen Sprache. Auch | |
einige Medien wie der NDR, MDR und die Augsburger Allgemeine schreiben in | |
leichten Sätzen oder bieten diesen Service an. | |
Dabei steht Leichte Sprache nicht in Konkurrenz mit „normaler“ Sprache. Es | |
ist ein zusätzliches Angebot. Es soll Teilhabe ermöglichen. Denn | |
Informationen zu haben und überall hinzukommen, das ermöglicht ein | |
Sicheinmischen und Mitreden über die eigenen Wünsche. Bis man ein Gespräch | |
über Literatur in Leichter Sprache nicht mehr mit einem „Was ist das?“ | |
beginnt, sondern mit einem: „Was hast du denn gelesen?“ Bis es nicht mehr | |
um die Form geht, sondern um Inhalte. | |
Anmerkung: Dieser Artikel erschien zuerst auf den Verlagsseiten der taz zum | |
Projekt „taz leicht“. Die Autorin dieses Textes, Christine Stöckel, | |
arbeitet im Ressort „taz leicht“. Informationen in Leichter Sprache zum | |
Projekt finden Sie [2][hier]. | |
30 Sep 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/Graue… | |
[2] /Leichte-Sprache/!5425192 | |
## AUTOREN | |
Christine Stöckel | |
## TAGS | |
taz.leicht | |
Leichte Sprache | |
Deutsche Sprache | |
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