# taz.de -- Erbschaftsteuer in Deutschland: Bayern gehen Sonderweg | |
> Die CSU protegiert Firmenerben im Freistaat, so gut es geht. Dass die | |
> Empörung im Rest der Republik groß ist, stört Finanzminister Söder kaum. | |
Bild: Die bayrische Erbschaftsteuer schmeckt den Bierbrauern und ihrem Nachwuchs | |
Der Streit zwischen den Bayern und den restlichen Bundesländern schwelt | |
schon länger. Startpunkt war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es | |
befand im Dezember 2014, dass die Besteuerung von Firmenerben überarbeitet | |
werden muss. Bis dahin konnten sogar Milliarden völlig steuerfrei vererbt | |
werden, wenn das Unternehmen sieben Jahre fortgeführt wurde und die | |
Arbeitsplätze erhalten blieben. | |
Bis Ende Juni 2016 hatten Länder und Bund Zeit, sich auf ein neues Gesetz | |
zu einigen. Doch diese Frist verstrich ergebnislos, weil sich die CSU gegen | |
jeden Kompromiss stemmte. Schließlich griffen die Verfassungsrichter erneut | |
ein und drohten im Juli 2016 an, dass sie sich nach der Sommerpause wieder | |
mit der Erbschaftsteuer befassen würden. Übersetzt: Wenn der Staat nicht | |
handle, werde das Gericht die Steuerbegünstigung für Betriebserben ganz | |
streichen oder durch eine eigene Übergangsregel ersetzen. | |
Der Hieb des Verfassungsgerichts saß: Plötzlich kam es doch noch zu einem | |
Kompromiss, der im Oktober 2016 vom Bundesrat gebilligt wurde – mit den | |
Stimmen der Bayern. Neuerdings gilt eine Höchstgrenze von 26 Millionen | |
Euro. Bis zu dieser Summe lässt sich ein Betrieb weiter völlig steuerfrei | |
übertragen, wenn er sieben Jahre fortgeführt wird. Ist das Unternehmen | |
jedoch mehr wert, hat der Erbe nun zwei Möglichkeiten. Variante A: Er legt | |
sein Privatvermögen offen, das dann bis zu 50 Prozent herangezogen werden | |
kann, um die Erbschaftsteuer zu begleichen. Variante B: Der Firmenerbe | |
entscheidet sich für einen Abschlag. Die Steuer steigt dann sukzessive an, | |
bis bei 90 Millionen die Nulllinie erreicht ist und gar kein Steuerrabatt | |
mehr gewährt wird. | |
Mit diesem Kompromiss vom Oktober 2016 war der Streit mit der CSU jedoch | |
nicht vorbei, sondern verlagerte sich eine Ebene tiefer. Jetzt geht es | |
nicht mehr um den Gesetzestext, sondern um die Vorschriften für die | |
Finanzbeamten, wie sie die neue Erbschaftsteuer konkret anzuwenden haben. | |
Diese Erlasse werden von den Ländern einzeln beschlossen, aber immer | |
miteinander abgestimmt. Doch diesmal will Bayern seine Finanzbeamten | |
gesondert instruieren. Schon im Juli hatte das Bundesfinanzministerium | |
mitgeteilt, dass dies „ein einmaliger Vorgang“ sei. | |
## Die Erbschaftssteuern machen nur ein Prozent aus | |
Die Bayern lassen sich jedoch nicht beirren. Am Donnerstag konterte Bayerns | |
Finanzminister Markus Söder (CSU), dass die Erbschaftsteuer eine reine | |
Ländersteuer sei. Also sei auch jedes Land selbst für den Vollzug | |
verantwortlich. „Bayern will eine Gesetzesanwendung, wie sie Wortlaut und | |
Geist des Gesetzes entspricht“, sagte Söder. Der Freistaat stehe zu dem | |
Kompromiss zum Erbschaftsteuerrecht: „Aber wir wollen keine Belastung der | |
Familienunternehmen durch die Hintertür.“ | |
Die anderen Länderfinanzminister sind alarmiert, weil der neue Kompromiss | |
bei der Erbschaftsteuer im Detail extrem kompliziert ist und oft mehrere | |
Deutungen zulässt. Es ist abzusehen, dass die Bayern das Gesetz stets so | |
interpretieren, dass ihre Firmenerben möglichst wenig Steuern zahlen | |
müssen. | |
Im Jahr 2016 wurde ein Vermögen von insgesamt 108,8 Milliarden Euro vererbt | |
oder verschenkt. An Steuern fielen dafür 6,8 Milliarden Euro an. Die | |
Erbschaftsteuern machen damit nur 1 Prozent aller gezahlten Steuern aus. | |
8 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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