# taz.de -- Zensur bei Cambridge University Press: Pekings Komplizen | |
> Der älteste Verlag der Welt, Cambridge University Press, erfüllt | |
> Zensurwünsche der chinesischen Regierung – und rudert dann zurück. | |
Bild: Die Petition, die den Verlag zur Rücknahme der Zensur bewegte | |
Chinas „great firewall“ zensiert internationale Texte im nationalen Netz so | |
erfolgreich, wie die chinesische Mauer internationale Eindringlinge schon | |
seit jeher abwehrt. Große Mauern sind beliebt in China. | |
Dass die ZENSUR jetzt auch immer mehr akademische Texte betrifft, ist neu. | |
Was noch viel mehr schockiert, ist, dass die Cambridge University Press | |
(CUP), der älteste Verlag der Welt, Chinas Spiel mitspielt: Letzte Woche | |
blockierte der Verlag 300 Artikel auf Forderung der chinesischen Regierung, | |
die in dem vom CUP herausgegebenen Journal China Quaterly erschienen sind. | |
Betroffen waren Texte, die sich unter anderen mit Mao Zedongs | |
Kulturrevolution, Hongkongs Kampf um Demokratie oder den Spannungen in | |
Tibet befassten. | |
Nachdem der Herausgeber des Journals, Tim Pringles, durch einen | |
öffentlichen Brief auf das Verhalten seines Verlages aufmerksam machte, | |
prangerten viele Kritiker die CUP als Komplizen der Regierung an. Diese | |
würde sich aktiv an der Zensurpolitik beteiligen. Die CUP verteidigte sich | |
damit, dass sie mit ihrem Vorgehen sichergehen wollte, dass andere Artikel | |
in China verfügbar blieben. | |
Die internationale Empörung nahm jedoch immer weiter zu. Andrew Nathan, ein | |
von der Zensur betroffener Autor, sagte dem Guardian: „Wenn der Verlag den | |
chinesischen Forderungen nachkommt, die ausgewählten Artikel zu blockieren, | |
verletzt er das Vertrauen, das die Autoren ihm geben und schadet seiner | |
Integrität als wissenschaftlichem Verleger.“ | |
## Verlag reagiert auf Boykottdrohung | |
Am Montag erreichte die Empörung ihren Höhepunkt, als Wissenschaftler aus | |
der ganzen Welt in Form einer Petition die CUP dazu aufforderten, ihre | |
Entscheidung zurückzunehmen und gleichzeitig mit einem Boykott des Verlags | |
drohten. | |
Daraufhin revidierte die Cambridge University ihre Entscheidung und sprach | |
sich außerdem in einem Post auf Weibo – der chinesischen Version von | |
Twitter – gegen die Zensurpolitik Chinas aus: „Akademische Freiheit ist das | |
vorrangige Prinzip, auf dem die Universität Cambridge basiert“, hieß es da. | |
Der Post stieß auf gutes Feedback, wurde 2.600-mal geteilt und mit 525 | |
positiven Bemerkungen kommentiert. Doch das neue Glück währte nicht lange: | |
Bereits nach zwölf Stunden konnte der Post nicht mehr gefunden werden. Das | |
kleine Tor in Chinas „great firewall“ wurde geschlossen. Trotzdem spricht | |
Andrew Nathan von einem „unumkehrbaren Schaden“ am Ruf des Verlags. | |
22 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Pola Kapuste | |
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