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# taz.de -- Nachruf auf Anne Dufourmantelle: Das Leben riskiert
> Die französische Philosophin Anne Dufourmantelle starb beim Versuch, zwei
> Kinder im Meer zu retten. Das Risiko war eines ihrer Lebensthemen.
Bild: Rettete zwei Menschenleben, nicht ihr eigenes: Anne Dufourmantelle
„Der Augenblick der Entscheidung ist ein Wahnsinn.“ Diesen Satz des
dänischen Denkers Søren Kierkegaard stellt die Philosophin Anne
Dufourmantelle einem ihrer bekanntesten Essays voran. [1][„Éloge du
risque“] heißt er, „Würdigung des Risikos“. Er wird eines ihrer letzten
Bücher bleiben – und gerade deshalb im Gedächtnis. Vergangene Woche starb
die französische Theoretikerin bei dem Versuch, zwei in Not geratene Kinder
aus dem Meer zu retten. An diesem Dienstag wird sie bestattet.
Der Unfall ereignete sich in Pampelonne, einem Sandstrand nahe Saint
Tropez. Bei starkem Wind und Wellengang waren zwei Kinder beim Baden in Not
geraten. Zunächst eine orange, dann eine rote Fahne warnten davor, ins
Wasser zu gehen. Anne Dufourmantelle ging trotzdem. „Der Augenblick der
Entscheidung ist Wahnsinn“. Während beide Kinder gerettet werden konnten,
kam für die 53-Jährige alle Hilfe zu spät. Auch Rettungsschwimmer konnten
sie nicht mehr reanimieren.
Mit Anne Dufourmantelle verliert Frankreich eine große Philosophin und
Psychoanalytikerin. „Sie half uns zu leben und die heutige Welt zu denken“,
[2][twitterte] die französische Kulturministerin Françoise Nyssen nach
Bekanntwerden des Unglücks.
## Schon früh eine Grenzgängerin
Geboren als Tochter eines englisch-schweizerischen Vaters und einer
französischen Mutter war Anne Dufourmantelle früh eine Grenzgängerin: Sie
verbrachte Teile ihrer Kindheit in Spanien und Mittelamerika, wo ihr
Interesse für Exilliteratur und Philosophie erwachte. Es folgten Studien
der Medizin und Philosophie in Paris, eine Promotion an der Sorbonne und
ein Jahr an der Brown University in den USA.
Für ihre Dissertation „Die prophetische Berufung der Philosophie“ erhielt
Dufourmantelle eine Auszeichnung der altehrwürdigen Académie Française. Sie
unterrichtete an Elite-Hochschulen in Frankreich und Amerika, arbeitete als
Verlegerin und Kolumnistin für die Tageszeitung Libération. Später wandte
sich die Denkerin verstärkt der Psychoanalyse zu, schrieb „Die mütterliche
Gewalt“ („La sauvagerie maternelle“), „Frauen und Opfer“ („La femme…
sacrifice“) – und „Würdigung des Risikos“ („Éloge du risque“).
„Ich glaube an den Ausdruck ‚sein Leben riskieren‘“, sagte Anne
Dufourmantelle noch im vergangenen Jahr im [3][Interview mit dem
Radiosender France Culture], „an ein von vornherein ambivalentes Bild (…),
das zugleich das Leben und den Tod in sich trägt“. Ihr eigenes Schicksal
ruft diesen Glauben schmerzhaft in Erinnerung.
25 Jul 2017
## LINKS
[1] https://www.babelio.com/livres/Dufourmantelle-Eloge-du-risque/253675
[2] https://twitter.com/FrancoiseNyssen/status/889178338207703041
[3] https://www.franceculture.fr/emissions/les-nouvelles-vagues/le-risque-15-au…
## AUTOREN
Kathrin Müller-Lancé
## TAGS
Nachruf
Schwerpunkt Frankreich
Risiko
Philosophie
Philosophie
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