# taz.de -- Saisonstart RB Leipzig: Gefragte Emporkömmlinge | |
> RasenBallsport Leipzig geht als Fußballbundesligist in die zweite Saison. | |
> Viele Fragen bleiben indes aber unbeantwortet. | |
Bild: Viele Fragen geistern um RB-Trainer Ralph Hasenhüttl. Eine davon hat sog… | |
LEIPZIG taz | Es gibt Fragen, die hören sie am Leipziger Cottaweg höchst | |
ungern. Wie das mit der Ablehnung durch die gegnerischen Fans sei, ist | |
solch eine Frage, auf welche die Verantwortlichen beim | |
Fußballbundesligisten RB Leipzig nur noch leicht genervt Auskunft geben. Es | |
sei ja schon alles gesagt, nur einige wenige würden lautstark ihren Hass | |
kundtun. Und überhaupt sei die Akzeptanz des Klubs deutschlandweit | |
gestiegen. Studien würden dies belegen. | |
In diesem Sommer sind zwei weitere Fragen hinzugekommen, die ebenfalls | |
verpönt sind. Wenn Journalisten nach dem Saisonziel fragen, bekommen sie | |
stets die gleiche Antwort: „Das schwere zweite Jahr in der Liga“ und „eine | |
sorgenfreie Saison spielen“, verfeinert mit einem „immer die beste | |
Teamleistung abrufen“. Der Vorjahreszweite hält sich bedeckt. Erneute | |
Qualifikation für die Champions League? Erneut Vizemeister werden? | |
Eventuell sogar den unantastbaren FC Bayern angreifen? Davon ist nichts zu | |
hören. | |
Das wiederum hat mit der dritten bösen Erkundung zu tun, einer fast schon | |
voldemortesken Frage, die seit Monaten um das Trainingszentrum von RB | |
geistert. Dabei sorgt sie beständig für mächtig Trubel, soll aber ebenso | |
wenig aus- oder angesprochen werden wie der Bösewicht aus der magischen | |
Welt von Joanne K. Rowling: „Werden Emil Forsberg und Naby Keita den Verein | |
verlassen?“ | |
Ein leichtes Blassrot steigt dann in das Gesicht von Manager und Macher | |
Ralf Rangnick. Alle Stammspieler seien unverkäuflich, man habe dank | |
langfristiger Verträge alle Karten in der Hand und man werde vor so einer | |
schwierigen Saison keinen Leistungsträger abgeben. Schließlich muss RB auf | |
drei Hochzeiten tanzen (Bundesliga, Champions League, DFB-Pokal), sieht | |
sich deshalb als die schöne Braut, die nur die besten Spieler verdient. | |
## Einen stinkigen Superstar riskieren? | |
Allein, so einfach ist die Lage nicht. In Zeiten, in denen Paris einen | |
Neymar für 220 Millionen Euro kauft, der Spanier Isco eine Ausstiegsklausel | |
bei Real Madrid in Höhe von 700 Millionen Euro haben soll, asiatische | |
Investoren massiv in die italienische Liga investieren und die Engländer | |
sowieso wie verrückt einkaufen, erscheinen Forsberg und Keita gar nicht | |
mehr ganz so unverkäuflich, wie Rangnick es gern hätte. | |
Klar, der Verein ist auf etwaige Transfereinnahmen nicht angewiesen. Doch | |
was ist aus Sicht eines Managers besser? Einen stinkigen Superstar | |
riskieren, der keine Leistung mehr bringen will und auf der Bank sitzt? | |
Oder ihn doch verkaufen und damit eine sportliche Schwächung der Mannschaft | |
riskieren? Zwar würde RB natürlich an jedem Verkauf prächtig verdienen, | |
doch ob es dafür auch adäquaten Ersatz gibt, ist völlig unklar. | |
Rangnick hat sich jedenfalls früh klar positioniert und sich auch nicht von | |
den verschiedensten Äußerungen von Beratern und den Spielern selbst | |
beunruhigen lassen. Der Wunsch der Verantwortlichen ist klar: Die extrem | |
junge Mannschaft soll weiter zusammenbleiben, gemeinsam wachsen und Erfolge | |
feiern. Keita „ist ein Spieler, den wir auf keinen Fall hergeben wollen“, | |
sagte Trainer Ralph Hasenhüttl im „Sportschauclub“ am Montag und merkte an: | |
„Wir sind nicht gutgläubig zu glauben, dass er ewig bei RB spielen wird. | |
Dafür ist er zu gut.“ | |
## Vom Jäger zum Gejagten | |
Noch sind Forsberg und Keita jedenfalls Teil des Teams. Klar ist aber, | |
Leipzig ist nicht mehr der große Jäger, sondern vielmehr der Gejagte. Die | |
Prioritäten haben sich verschoben. Die Supertalente sollen in der | |
Messestadt gehalten statt neue geholt werden. Keita und Forsberg haben | |
ihren Wert für das Team in der vergangenen Saison mehrfach unterstrichen, | |
weshalb Rangnicks Bemühungen, beide in Leipzig zu halten, verständlich | |
sind. | |
Auch sportlich ist der Champions-League-Teilnehmer nun der Gejagte. Platz | |
zwei in der Vorsaison war nicht nur das Ergebnis starker Leistungen der | |
„roten Bullen“, sondern auch des Schwächelns finanzstarker Konkurrenz, wie | |
etwa des VfL Wolfsburg, des FC Schalke 04, Borussia Mönchengladbachs oder | |
Bayer Leverkusens. Allein schon die vier genannten streben jetzt zurück in | |
Richtung internationales Geschäft. Sie wollen dahin, wo Leipzig jetzt ist: | |
in der Champions League. | |
Dass Leipzig in der Königsklasse spielen darf, war bis in den Sommer hinein | |
nicht hundertprozentig geklärt. Sportlich gab es an der Qualifikation | |
nichts zur rütteln, allerdings musste die Uefa den Club noch zulassen. | |
Dabei war juristisch zu klären, ob es Verflechtungen zwischen | |
RasenBallsport Leipzig und RedBull Salzburg gibt. Letztlich gab die Uefa | |
grünes Licht. Die Geschäftsführung beider Vereine hatte im Hintergrund | |
bereits lange daran gearbeitet, die beiden Clubs zu entflechten. | |
Die Leipziger werden so in drei Wettbewerben vertreten sein. Mindestens bis | |
zum Winter steht dadurch fast alle drei Tage ein Pflichtspiel an. | |
Entsprechend wurde der Kader umgebaut. In der vergangenen Spielzeit hatte | |
sich mehrfach gezeigt, dass hinter der starken ersten Elf eine kleine Lücke | |
klafft. | |
Deshalb verstärkte sich der Emporkömmling mit weiteren Talenten, welche die | |
Qualität in der Breite erhöhen sollen. Jean-Kévin Augustin, Bruma, Konrad | |
Laimer, Yvon Mvogo und Ibrahima Konaté heißt das Zugangsquintett, das in | |
Deutschland aber nur echten Experten bekannt gewesen sein dürfte. Sie | |
werden ihre Zeit brauchen, bis sie sich an das taktisch anspruchsvolle | |
Pressingsystem von Leipzig gewöhnt haben. | |
## Die Startelf wird zur „Start-16“ | |
Mit der neuen Konkurrenz im Team wollte Trainer Ralph Hasenhüttl auch gar | |
nicht mehr von einer Startelf sprechen, sondern von „einer Start-16 oder | |
-17“. Soll heißen: Es wird mehr rotiert werden. Beim Pflichtspielauftakt | |
vergangenen Sonntag in der ersten Runde des DFB-Pokals, den die Leipziger | |
mit 5:0 bei den Sportfreunden Dorfmerkingen gewannen, standen Bruma und | |
Laimer gleich in der Startelf. Was allerdings auch daran lag, dass Diego | |
Demme (Knieprellung), Forsberg (Krankheit), Bernard (Sprunggelenkprobleme) | |
und Augustin (ebenfalls krank) ausfielen. | |
Ob die angeschlagenen Spieler für das erste Bundesligaspiel am Samstag beim | |
FC Schalke 04 rechtzeitig fit werden, ist noch offen. Dann werden die | |
Leipziger ein anderes Gesicht präsentieren müssen. Denn die erste Halbzeit | |
des Clubs war nicht gerade ein Aha-Erlebnis. Laimer und der fahrig wirkende | |
Dayot Upamecano waren beide schon zur Halbzeit Gelb-Rot-gefährdet, dazu | |
sorgte die frühe 1:0-Führung nicht für Sicherheit in der Mannschaft. | |
„Wir sind nachlässig geworden, mit unseren Chancen, mit dem Verteidigen. | |
Dann macht man sich das Leben selber schwer“, monierte Trainer Ralph | |
Hasenhüttl. „Sie haben gut gekämpft. Am Ende hat vielleicht auch ein | |
bisschen die Kraft gefehlt und wir haben gezeigt, dass wir ein paar Klassen | |
höher spielen“, urteilte Youssuf Poulsen über die Leistung von | |
Dorfmerkingen. Gegen den Sechstligisten schoss der Däne ein Tor selbst und | |
bereitete drei Treffer vor. | |
Auf Erfolgscoach Hasenhüttl kommen in der neuen Saison einige | |
Herausforderungen zu. Er muss seiner Mannschaft das richtige Rezept | |
einimpfen, eine Mischung aus dem aufwendigen Pressingstil der Vorsaison und | |
der notwendigen Belastungssteuerung für drei Wettbewerbe. Zudem hat der | |
Österreicher bislang keine größeren Krisen mit seinem Team durchstehen | |
müssen. | |
Was, wenn es eine Pleitenserie zu überwinden gibt? Oder die Stimmung kippt, | |
weil Keita & Co. ihren Abgang erzwingen wollen? Wie verhalten sich die | |
Spieler, wenn sie mehrere Spieler auf der Bank sitzen? Hasenhüttl wird als | |
Moderator gefordert sein, will Leipzig wieder für so viel Furore sorgen wie | |
in der vergangenen Spielzeit. Sollte das so kommen, wird sicher die nächste | |
unbeliebte Frage für Verdruss am Cottaweg sorgen – ob RB Leipzig Meister | |
werden kann. | |
19 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Fabian Held | |
## TAGS | |
Schwerpunkt taz Leipzig | |
Fußball | |
RB Leipzig | |
Champions League | |
Champions League | |
RB Leipzig | |
Domenico Tedesco | |
Schwerpunkt taz Leipzig | |
Fußball | |
RB Leipzig | |
Fußballfans | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Champions League in Leipzig: Is da was? | |
In Leipzig findet zum ersten Mal ein Champions-League-Spiel statt. Doch | |
Begeisterung mag vor dem Spiel gegen Monaco nicht aufkommen. | |
Kolumne Press-Schlag: Kind muss weg! | |
Einlaufkinder für RB Leipzig stellen? Bei Lokomotive empfindet man das als | |
Strafe. Dabei ist das so oder so eine Plage. | |
Saisonstart der Fußball-Bundesliga: Schalke 04 und der neue Positivismus | |
Der FC Schalke 04 feiert unter Neu-Trainer Domenico Tedesco den Neuanfang. | |
Vizemeister RB Leipzig sieht sich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. | |
Nachwuchsstrategien im Fußball: Kräftiger Aufsteiger | |
Diego Demme ist in der dritten Liga zum Verein RB Leipzig gestoßen. Nun | |
darf er mit der Nationalelf nach Russland zum Confed Cup reisen. | |
Österreichischer Jugendfußball: Ein Stück Glanz für Österreich | |
RB Salzburg hat das beste Jugendteam Europas. Doch weil er immer mehr zum | |
Zulieferbetrieb von Leipzig wird, wird der Konzernklub oft gekränkt. | |
Kolumne Helden der Bewegung: Timo Werner, Sozialjubler mit Inbus | |
Sechser im Sturm, flinker Kontermann, Wandstürmer: Es ist etwas zutiefst | |
Prosaisches in der Art, wie Timo Werner Fußball vorführt. | |
Kolumne Press-Schlag: Fairplay verleiht auch Flügel | |
Die Deutsche Fußball-Liga startet an diesem Spieltag eine Kampagne zum | |
Schutz der Leipziger Fans. Wir dokumentieren sie. |