# taz.de -- Überforderte Rekruten der Bundeswehr: Dopen muss man können | |
> Beim kollabierten Offiziersanwärter sollen Aufputschmittel im Spiel | |
> gewesen sein. Das hat beim deutschen Militär schon eine Tradition. | |
Bild: Nicht sonderlich sexy | |
Laut einem Bericht der FAZ sollen im Fall der bei einem Übungsmarsch im | |
niedersächsischen Munster [1][kollabierten Offiziersanwärter | |
Aufputschmittel im Spiel gewesen sein]. Am 19. Juli waren vier Soldaten | |
zusammengebrochen, von denen einer sogar im Krankenhaus verstarb. Ausbilder | |
gaben an, sie wollten „gar nicht so genau wissen, was sich ihre | |
Untergebenen einwerfen“ (FAZ). Gesicherte Erkenntnisse gibt es jedoch | |
nicht, und [2][natürlich dementiert das Bundesverteidigungsministerium.] | |
Dabei haben aufputschende Drogen große Tradition im deutschen Militär. Das | |
als „Panzerschokolade“ oder „Fliegermarzipan“ bekannte Methamphetamin | |
Pervitin steigerte die Konzentration, senkte die Angst und drängte die | |
Müdigkeit zurück. | |
Natürlich muss man das Doping auch abkönnen. Wären an synthetische Drogen | |
gewöhnte Berliner Feierhansel und zukünftige Zeitsoldaten dieselbe | |
Klientel, gäbe es keine Ausdauerprobleme, zumindest nicht im Wachdienst | |
beziehungsweise Wachbleibdienst. Eine große Toleranz gegenüber | |
Aufputschmitteln trüge solche durchtanzerprobten Anwärter quasi mit | |
„geliehener Kondition“ zweimal um den Block. Und mehr wird gar nicht mehr | |
verlangt, sonst gäbe es ja nur noch Tote. | |
Doch außer einer gewissen Grundverstrahltheit weisen die genannten Gruppen | |
wenige Schnittmengen auf. Aus einem einfachen Grund: Töten ist nicht sexy. | |
Es hat keinen guten Ruf, sondern gilt als Low-Life-Beschäftigung für Irre | |
und Fanatiker mit notorischer Kiefersperre. | |
## Erschreckend niedriges Niveau der Bewerber | |
Hinter der spektakulären Drogenlegende verbirgt sich übrigens eine | |
unscheinbarere, doch im Endeffekt entscheidendere Problematik. Der | |
verstorbene Anwärter brach nämlich bereits nach drei Kilometern (!) | |
Wegstrecke und bei einer Außentemperatur von siebenundzwanzig Grad | |
zusammen. Obwohl oder weil die Wehrpflicht abgeschafft wurde, sprach ein | |
Fernmeldestabsunteroffizier im persönlichen Gespräch kürzlich [3][von einem | |
erschreckend niedrigen Niveau der Ausbildung], angepasst an das der | |
Bewerber. Das betreffe die Bildung, die kognitiven Fähigkeiten sowie die | |
körperliche Leistungsfähigkeit der Anwärter und Rekruten. Wer trotz | |
leistungssteigernder Drogen nach dreihunderttausend Zentimetern | |
zusammenbricht, ist ein Symptom für den Zustand des Heers. Und zwar egal, | |
ob er diese Drogen nun genommen hat oder nicht. | |
So, jetzt kommt Opa und erzählt von seiner Zeit bei der Bundeswehrmacht. | |
Peinlich, gewiss. Aber irgendwann wäre die Schande eh rausgekommen und | |
außerdem war das ja alles eine ganz andere Zeit, Kinderchen, wir wussten | |
doch von nichts. Kaserne Traunstein. Gebirgsflugabwehr. Die ersten drei | |
Tage hatten wir noch Angst. Die haben immer so geschrien. Doch bald haben | |
wir, ein reiner Abiturientenjahrgang, nur noch gelacht. Die Unteroffiziere | |
waren so unglaublich dumm. Wir persiflierten ihr Gehabe, ihr Geschrei, den | |
ganzen lächerlichen Militärkram; wir spielten wie im Volkstheater komplette | |
Szenen auf der Stube nach. Wir lachten uns schier zu Tode, ein unendlicher | |
Spaß, ganz ohne Drogen. | |
Im Normalfall wäre es moralisch mehr als fragwürdig von uns Bürgerkindern | |
gewesen, sich in ableistischer Manier über Leute hart dies- und jenseits | |
der Debilitätsgrenze lustig zu machen. Aber wir waren nun mal Gefangene | |
eines Zwangsdienstes, und sie waren die Wärter. Die Vorstellung, dass | |
derartige Vorgesetzte heute über eine noch weit schlimmere Verfassung ihrer | |
Untergebenen klagen können, lässt Abgründe erahnen, die Frau von der Leyen | |
gar nicht kennt und sicher auch nie kennenlernen möchte. | |
14 Aug 2017 | |
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## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
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