# taz.de -- Barrierefreiheit bei der Berliner Sparkasse: Bankservice mit Fragez… | |
> Die Sparkasse will nur noch in wenigen Filialen Geld am Schalter | |
> auszahlen. Sie setzt auf Automaten – und grenzt damit Behinderte aus, | |
> sagen Kritiker. | |
Bild: Wie viel Service muss die Sparkasse Menschen mit Behinderungen bieten? | |
Für die meisten Sparkassenkunden wird es wahrscheinlich keine große | |
Umstellung sein: Ab dem 6. September können sie berlinweit nur noch in 20 | |
Filialen Geld direkt am Schalter abheben. Die Bank gibt dann außerdem keine | |
Schecks mehr an Privatpersonen aus. Der Grund ist die geringe Nachfrage. | |
Scheck und Schalter spielen für die meisten Kunden kaum noch eine Rolle, | |
erklärt eine Sprecherin der Sparkasse auf Anfrage der taz. Sie holen sich | |
ihr Geld lieber mit der EC-Karte vom Automaten. | |
Doch was für die Mehrheit der Kunden leicht und praktisch sein mag, | |
bereitet anderen durchaus Schwierigkeiten. Besonders behinderte und ältere | |
Menschen sind mit EC-Karten oft überfordert. Sie sind deshalb auf die | |
Auszahlung durch das Schalterpersonal angewiesen. Das sagt Peter Rudel vom | |
Betreuungsverein Cura. Die Organisation unterstützt Menschen mit | |
Behinderungen unter anderem bei ihren Finanzgeschäften. „Viele unserer | |
Klienten können nicht mit einer Bankkarte umgehen. Sie verlieren die Karte, | |
vergessen die PIN-Nummer oder können die Kontodeckung nicht überblicken.“ | |
Cura wertet das Vorgehen der Sparkasse deshalb als Diskriminierung. Sollte | |
die Bank einen Großteil ihrer Schalter schließen, mache sie behinderten und | |
älteren Menschen das Leben schwer. Ihnen blieben in diesem Fall nur noch | |
die 20 Filialen mit Kassenservice. Um Geld abzuheben, müssten sie dann | |
weitere Anfahrtswege auf sich nehmen. Gerade für Menschen mit körperlichen | |
Handicaps oder Orientierungsproblemen sei das unzumutbar. | |
In einem Schreiben, das der taz vorliegt, appelliert Cura deshalb an die | |
Sparkasse, ihre Schalter offen zu halten. Als Anstalt des öffentlichen | |
Rechts trage die Bank eine gesellschaftliche Verantwortung. „Darunter | |
verstehen wir, auch und insbesondere Menschen mit Behinderungen eine | |
Teilhabe am Wirtschaftsleben zu gewährleisten.“ | |
Doch die Bank sieht offenbar keinen Grund, von ihrem Plan abzurücken. Wenn | |
Menschen mit Behinderungen Probleme mit den Bankautomaten haben, dann | |
können sie sich von den Mitarbeitern in den Filialen helfen lassen, so eine | |
Sprecherin gegenüber der taz. | |
Auch sonst gebe es Möglichkeiten, ihnen bei der Nutzung der EC-Terminals zu | |
helfen: „Für Menschen, die sich die PIN nicht gut merken können, gibt es | |
seit geraumer Zeit die Wunsch-PIN.“ Diese Geheimzahl können sich die Kunden | |
selbst aussuchen. | |
Wer doch an einen der Schalter muss, der könne auch weiterhin gut dorthin | |
gelangen: „Die 20 Standorte sind in den einzelnen Stadtteilen zentral | |
gelegen und gut erreichbar“, so die Sparkasse. Tatsächlich befinden sich | |
die Filialen häufig an wichtigen Verkehrsknoten, so etwa am Alexanderplatz, | |
im Gesundbrunnen-Center oder in der Schlossstraße. | |
Cura sieht darin allerdings ein weiteres Problem. „Wenn die Menschen sich | |
ihr Geld dort holen wollen, dann müssen sie mitten in die | |
Geschäftszentren“, sagt Rudel. Er fürchtet, dass die bunte Kaufhauswelt | |
viele Behinderte überfordert. Viele hätten nur wenig Geld zu Verfügung. | |
Manche leiden außerdem an schweren Erkrankungen wie Depressionen oder | |
Schizophrenie. Das Gefühl, nicht am Konsum teilhaben zu können, wäre für | |
die Betroffenen sehr frustrierend. Im schlimmsten Fall, so Rudel, geben sie | |
ihr Geld einfach aus – und sind für den Rest des Monats pleite. | |
Denn die Klienten von Cura haben häufig Probleme, sich ihr Geld richtig | |
einzuteilen. Der Verein stellt ihnen deshalb Betreuer zur Seite, die | |
teilweise auch ihr Konto verwalten. Eine wichtige Rolle spielen dabei eben | |
auch die Schecks. Die Betreuer nutzten die Zahlungsanweisungen, um den | |
Klienten ihr eigenes Geld in Tranchen auszuzahlen. | |
„Die Scheckübergabe ist auch eine gute Gelegenheit, um mit den Betroffenen | |
über ihre Bedürfnisse zu sprechen“, erklärt Rudel. Sollte die Scheckausgabe | |
eingestellt werden, erschwere das den persönlichen Kontakt zu den Klienten. | |
Die Betreuer hätten so auch weniger Möglichkeiten, auf Auffälligkeiten zu | |
reagieren. | |
Neben Cura beschäftigt der Fall auch das Büro des Landesbeauftragten für | |
Menschen mit Behinderungen. Auch dort erinnert man an die Verantwortung der | |
Bank als Anstalt des öffentlichen Rechts. „Jedem muss wenigsten eine | |
Möglichkeit eröffnet werden, wie er ohne große Probleme und Umwege an sein | |
eigenes Geld kommt“, sagt eine Mitarbeiterin. Die Sparkasse müsse dabei auf | |
die einzelnen Kunden und ihre Anforderungen eingehen – auch auf Behinderte. | |
„Aus unserer Sicht handelt es sich ansonsten um Diskriminierung einer | |
Personengruppe.“ | |
Bei Cura versucht man nun, möglichst viele Menschen auf die Situation | |
aufmerksam zu machen. Alte und Behinderte, so Rudel, dürfen nicht auf der | |
Strecke bleiben. | |
15 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Francis Laugstien | |
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