# taz.de -- Hilfsprojekt aus Bremen: Der helfende Pharmaexperte | |
> Ahmed Guled sucht Unterstützung, um das Gesundheitssystem in Somalia zu | |
> verbessern. Die Bevölkerung brauche eine andere medizinische Versorgung | |
Bild: Gesundheitsversorgung in Somalia: Eine behelfsmäßige Klinik in Belet We… | |
Wenn Ahmed Guled in Bremen vor einer Apotheke steht, denkt er sofort an die | |
prekäre Lage in seinem Heimatland Somalia. Laut einer Vergleichsstudie der | |
medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ gehört das Gesundheitssystem in | |
dem ostafrikanischen Land – fast doppelt so groß wie Deutschland –zu den | |
schlechtesten weltweit. | |
Guled, in der somalischen Küstenstadt Kismayoo geboren und dort | |
aufgewachsen, will dagegen etwas unternehmen. Seit 2010 bemüht er sich | |
intensiv, ein Projekt gemeinsam mit der somalischen Regierung ins Leben zu | |
rufen, um das Gesundheitssystem in seinem Geburtsland zu verbessern. | |
Seit 1984 lebt der 57-Jährige in Bremen. In Somalia hatte er Tiermedizin | |
studiert. In den ersten Jahren in Bremen jobbte er bei Mercedes am Band, | |
stand an der Kasse bei McDonalds und arbeitete bei Galeria Kaufhof in der | |
Sportabteilung. Weil er sein Studium der Veterinärmedizin nicht fortsetzen | |
konnte, belegte er an der Hochschule Bremen nebenbei Seminare in Wirtschaft | |
und Sprachen. Außerdem machte er eine Ausbildung zum Groß- und | |
Außenhandelskaufmann. Durch seine medizinische Erfahrung und sein großes | |
Interesse an der Branche entschied er sich danach, sich zum | |
Pharmareferenten ausbilden zu lassen. Er arbeitete zehn Jahre in dem Beruf. | |
Seit 2010 ist er beim Verteidigungsministerium im Bundessprachenamt als | |
Dolmetscher angestellt. Durch diesen Beruf war er häufig in Somalia, | |
Dschibuti und anderen Ländern Ostafrikas unterwegs. | |
„Ich möchte mit meinem Projekt helfen, ein funktionierendes | |
Gesundheitssystem in Somalia aufzubauen“, sagt Ahmed Guled. Von 1.000 | |
Kindern sterben durchschnittlich 109 Säuglinge in Somalia bei der Geburt | |
und auch die Müttersterblichkeit ist mit 1.600 Frauen bei 100.000 Geburten | |
eine der höchsten weltweit. Sehr viele Somalis sterben an Krankheiten, die | |
mit den richtigen Medikamenten einfach zu behandeln wären. „Dagegen müssen | |
wir etwas tun“, sagt er. | |
Gefälschte Medikamente und Placebos, die ohne Qualitätskontrolle auf den | |
Markt kommen, sind für ihn eine der Hauptursachen. Apotheker und auch | |
somalische Ärzte behandeln nach seinen Erfahrungen die Patienten häufig mit | |
einem ökonomischen Hintergedanken. Viele Händler, die die Apotheken | |
betreiben, verfügen über keinerlei pharmazeutische Ausbildung. Die | |
somalische Regierung möchte diese Probleme in den Griff bekommen. Ohne | |
ausländische Experten, die die jungen Somalis ausbilden und ohne eine | |
entsprechende Laborausrüstung, mit der Qualitätskontrollen durchgeführt | |
werden können, ist dies aber unmöglich. | |
Sowohl finanzielle als auch personelle Unterstützung braucht Guled für den | |
Start seines Projektes. In den vergangenen Jahren hat er schon bei einigen | |
NGOs wie Amref Germany oder der Stiftung Partnerschaft Afrika wegen seiner | |
Projektidee angefragt. Die NGOs hatten entweder keine Kapazitäten für das | |
Projekt oder sie waren mit eigenen Engagements in der Region ausgelastet. | |
Auch der Kontakt zum Bundesministerium für Entwicklungshilfe und zur | |
Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führten noch | |
nicht zu einer engeren Kooperation. | |
Anfang Oktober will er nach Mogadischu fliegen und dort gemeinsam in einem | |
Workshop mit Experten und Vertretern des somalischen | |
Gesundheitsministeriums die Lage analysieren und erste Strukturen auf den | |
Weg bringen. „Dafür benötige ich 20.000 bis 30.000 Euro.“ Er hofft, dass | |
bis in ein paar Wochen die Summe zusammenkommt, um endlich nach vielen | |
Jahren der Planung mit der eigentlichen Arbeit beginnen zu können. | |
Guled will von Beginn an die somalischen Medien miteinbeziehen, um die | |
Menschen für das Thema zu sensibilisieren. „Vieles funktioniert in Somalia | |
nicht, aber über das Fernsehen und das Radio erreicht man sehr große Teile | |
der Bevölkerung“, sagt er. | |
Viele Somalis lebten immer noch nach einem Grundsatz, der das ganze Land | |
vereint und sich in der Namensbedeutung Somalia widerspiegelt. Ins Deutsche | |
übersetzt, heißt „Somal“: Melke für den Gast. „Dieses Volk ist in den | |
vergangenen drei Jahrzehnten umgefallen, aber sie werden wieder aufstehen | |
und dabei muss man sie unterstützen“, sagt Guled. | |
13 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Philipp Nicolay | |
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