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# taz.de -- Vietnamesen in Berlin: Die Community ist verunsichert
> Nach der Entführung des Expolitikers Trinh Xuân Thanh im Tiergarten
> demonstrieren vietnamesische Berliner
Bild: Rund 70 Menschen demonstrierten am Samstag vor der vietnamesischen Botsch…
„Kein Geheimdienst Vietnams auf deutschem Boden“, „Menschenrechte für
Vietnam“ und „Sofortige Ausweisung aller vietnamesischen KP-Diplomaten“. …
stand es am Samstag auf den selbst gefertigten Transparenten, mit denen
rund 70 Vietnamesinnen und Vietnamesen aus Berlin und Norddeutschland
protestierten: Zuerst präsentierten sie sich am Brandenburger Tor, dann
zogen sie weiter vor die vietnamesische Botschaft am Treptower Park.
Sie protestierten damit gegen Menschenrechtsverletzungen in ihrem
Herkunftsland und gegen die Verschleppung eines ehemaligen
Parlamentsabgeordneten aus Berlin nach Hanoi durch den vietnamesischen
Geheimdienst Tong cuc An ninh. Es ist die erste öffentliche Äußerung von
vietnamesischen Berlinern, seit vor drei Wochen der Expolitiker Trinh Xuân
Thanh im Tiergarten entführt wurde. Er hatte in Berlin Asyl beantragt.
„Seit der Mann mitten aus Berlin entführt wurde, fühle ich mich in
Deutschland nicht mehr sicher“, sagt ein Demonstrant der taz. 1981 war er
aus Vietnam geflohen, kam als Bootsflüchtling nach Deutschland. Ein Leben
lang hatte er hier gearbeitet, jetzt als Rentner engagiert er sich
politisch im Bundesverband der vietnamesischen Flüchtlinge in Deutschland,
der die Kundgebungen organisierte. Der Verband recherchiert zu in Vietnam
inhaftierten Oppositionellen, schafft Öffentlichkeit und ist immer wieder
mit dem Auswärtigen Amt im Gespräch, damit sich Deutschland für die
Freilassung von Oppositionellen einsetzt. In einem Fall mit Erfolg. Doch
seit der Entführung seines Landsmanns, sagt der Rentner, sei die Angst da,
„dass ich nachts abgeholt und nach Vietnam entführt werden kann“.
Die Ärztin Hoang Thi My Lam hält das Megafon. „Die Entführung des
asylsuchenden Vietnamesen ist eine schwere Verletzung der deutschen
Souveränität und ein schwerwiegender Bruch des Völkerrechts“, ruft sie
hinein. „Wir betrachten den Vorfall wie eine unberechenbare drohende
Warnung gegen die Sicherheit unserer Flüchtlingsgemeinschaft in
Deutschland.“ Es sei nicht auszuschließen, dass die vietnamesischen
Nachrichtendienste und die Botschaft in Deutschland die vietnamesischen
hier lebenden Menschenrechtsaktivisten weiterhin heimlich ausspionieren und
einzuschüchtern würden.
Fast alle Protestierenden sind Südvietnamesen, die nach dem Ende des
Vietnamkrieges als Bootsflüchtlinge in den Westteil Deutschlands kamen.
1975 zum Ende des Vietnamkrieges mussten nicht nur die Amerikaner Vietnam
verlassen, auch die von ihnen unterstützte südvietnamesische Regierung in
Saigon und deren Anhänger kapitulierten. Viele wurden in der Folge
politisch bestraft und flohen über das Meer nach Europa.
Die weit größeren Gruppen der ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter und der nach
1990 nach Deutschland gekommenen Vietnamesen blieben der Veranstaltung in
Berlin fern. Die Gruppen sind sich bis heute kulturell und politisch fremd
geblieben. Das liegt auch an ihrer unterschiedlichen Symbolsprache. Die
orange gestreifte Fahne, die die Demonstranten mit sich führten, ist nicht
etwa die vietnamesische Staatsflagge, sondern die der 1975 militärisch
besiegten Saigoner Republik. Auch deren Hymne sangen sie. Damit können sich
andere vietnamesische Berliner nicht identifizieren. Auf Flagge und Hymne
wollen die Bootsflüchtlinge jedoch nicht verzichten, nicht einmal um den
Preis, damit weitgehend unter sich zu bleiben. „Das ist Teil unserer
Identität“, sagt die Ärztin Hoang Thi My Lam.
Verunsicherungen gibt es auch unter den größeren Gruppen der Vietnamesen in
den Ostbezirken. Dass es nicht zu Protesten kommt, liegt daran, dass einige
ihrer Vereine wie der in Berlin sitzende Bundesverband der Vietnamesen in
Deutschland mit der vietnamesischen Botschaft gut vernetzt sind. Gegen sie
einen Protest zu organisieren wäre undenkbar. „Würde ich hier in Berlin
demonstrieren, hätte ich Angst, dass der Geheimdienst meine Verwandten in
Vietnam bedroht“, sagt ein Nordvietnamese der taz.
13 Aug 2017
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Trinh Xuan Thanh
Diplomatie
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Kriminalität
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