Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Manipulation von Lippenbewegungen: Obama sagt, was du willst
> US-Forscher haben eine Software entwickelt, um Lippenbewegungen in Videos
> zu fälschen. Oder um diese Fälschungen zu entlarven.
Bild: Über das Setzen von Vektorpunkten lassen sich Lippenbewegungen verändern
Künstliche Intelligenz, liebevoll KI abgekürzt, ist das Baby der
Wissenschaft. Jeden Tag lernt es etwas Neues und die Mamis und Papis kippen
um vor Stolz. Wenn der kleine Racker sein Wissen nur mal nicht anders
anwendet, als sie es gerne hätten.
Die University of Washington hat gerade ein Projekt veröffentlicht mit dem
Namen [1][„Synthesizing Obama: Learning Lip Sync from Audio“]. Eine neue
Software, mit der man Videos mithilfe von Audiodateien verändern kann.
Die Wissenschaftler zeigen an einem Video des ehemaligen US-Präsidenten
Barack Obama, wie die neue Software funktioniert: Anstatt der tatsächlich
von ihm gehaltenen Rede werden Obama Worte in den Mund gelegt, die er zu
einem anderen Zeitpunkt gesagt hat.
Dazu fütterte das Team die Software mit vierzehn Stunden Audiomaterial von
Obamas Stimme. Diese Daten werden anschließend in eine virtuelle Simulation
von Lippen eingefügt. Vektorpunkte bilden eine virtuelle Simulation von
Obamas Lippen und bewegen sich wie die des Vorbildes. In der nächsten Phase
nehmen die Lippen menschliche Gestalt an: Aus den giftgrünen Punkten wird
ein hautfarbener Mund. Nach ein paar Nachbesserungen von Zähnen und
weiteren Details wird der so gefälschte untere Gesichtsteil in ein ganz
anderes Video von Obama eingefügt. Die Computeranimateure passen dann noch
schnell die Kopfbewegungen an das Gesagte an, damit der neu-alte Obama
keine unnatürlichen Bewegungen macht. Et voilà! Fertig ist das Obama-Video
mit einer ganz neuen Botschaft.
## Der Unterschied ist kaum erkennbar
Das Bahnbrechende an dieser Technik ist: Die Qualität des Ursprungsvideos
kann sehr schlecht sein, das Video gar aus einer ganz anderen Zeit stammen
– und die Person nicht mal im Bild gewesen sein. Denn der
Bearbeitungsprozess benötigt nur Audiodateien.
Forscher der Stanford University haben bereits 2016 ein ähnliches Projekt
namens „Face2Face“ vorgestellt. Anders als bei der University of Washington
stützten sie sich jedoch auf ein Gesichtserkennungsprogramm. Das Ergebnis
ist auch hier verblüffend: Der Nutzer wird mit einer Kamera gefilmt und
seine Gesichtsbewegungen werden in Echtzeit auf das Gesicht projiziert.
Allerdings ist das Ergebnis aus Stanford noch nicht so akkurat und somit
leichter als Fälschung identifizierbar. Bei den Ergebnissen aus Washington
hingegen ist es für den Laien kaum mehr möglich, den Unterschied zu einem
authentischen Video zu erkennen.
Das Projekt fasziniert und beängstigt gleichermaßen. Was mit der heutigen
Technik alles möglich ist, vor allem bei dem harmlosen Beispiel: Obama sagt
etwas, was er zu einem anderen Zeitpunkt schon einmal gesagt hat. Es sind
immer noch Aussagen von Obama selbst.
## Wirkungsvolle Babysitter programmieren
Allerdings gibt es auch ein Projekt vom Forschungsteam der University of
Alabama in Birmingham, das sich mit der Imitation von Stimmen beschäftigt.
Hier reichen bereits drei bis fünf Minuten Audiomaterial aus, um eine
synthetische Stimme zu erschaffen, die sowohl Menschen als auch
biometrische Stimmerkennungssicherheitssysteme täuschen kann.
Kombiniert man nun das Verfahren der Universität Washington, wo die
Videomanipulation nur noch Audiodateien benötigt, mit den Ergebnissen aus
Birmingham: Horrorkopfkino.
Ira Kemelmacher-Shlizerman aus dem Forschungsteam an der University of
Washington ist sich dessen bewusst. CNN sagte sie: „Es ist wichtig zu
wissen, dass Videos genau wie Fotos verändert werden können.“
Das war laut der Forscherin auch ein Grund dafür, die Ergebnisse zu
veröffentlichen: damit entsprechend auch Algorithmen entwickelt werden
können, die bearbeitete Videos identifizieren.
Fakt ist: Dass die KI-Babys groß werden und beunruhigende Fähigkeiten
entwickeln, ist nicht zu verhindern. Jetzt ist es an der Zeit, ihnen
wirkungsvolle Babysitter zu programmieren.
28 Jul 2017
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=MVBe6_o4cMI
## AUTOREN
Pola Kapuste
## TAGS
Software
Manipulation
Barack Obama
Schach
Studie
künstliche Intelligenz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Künstliche Intelligenz und Schach: Erschreckend klug
Alpha Zero hat in nur vier Stunden Schach erlernt. Gegen die künstliche
Intelligenz haben weder Menschen noch Schachprogramme die leiseste Chance.
Studie zu künstlicher Intelligenz: Bist du schwul oder was?
Eine Studie sagt, ein Computer könne die sexuelle Orientierung eines
Menschen an seinem Gesicht erkennen. Ist das wirklich so einfach?
Geschlecht von Künstlichen Intelligenzen: Siri, ficken?
Alexa, Siri, Cortana und Jenn – Computerstimmen werden grundsätzlich
weiblich programmiert. Das sagt einiges über unseren Umgang mit Frauen aus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.