# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Das Brot der frühen Jahre | |
> Nico Ihlein kombiniert schimmernde Metallicfarben mit trockenem Brot – zu | |
> sehen in der Galerie Schiefe Zaehne. Die taz sprach mit dem Künstler. | |
Bild: Nico Ihlein, „Zeit mit Sarajevo“, 2017, Ausstellungsansicht | |
Metallicfarben werden aufgrund ihres attraktiven Schimmerns seit jeher in | |
Kosmetik- und Automobilindustrie geschätzt und finden dort großzügigen | |
Einsatz. In der bildenden Kunst hingegen behandelt man sie eher | |
stiefmütterlich – zu groß erscheint die Gefahr, einen schmalen Grat zu | |
überschreiten und in die sumpfigen Tiefen billiger Effekthascherei | |
hinabzugleiten. | |
Wie es trotzdem gelingt, barocken Überschwang und die gebotene Askese | |
miteinander zu versöhnen, kann man derzeit in Nico Ihleins Ausstellung | |
„Zeit mit Sarajevo“ in der [1][Galerie Schiefe Zaehne] studieren. | |
Mit dem vierteiligen Gemäldezyklus „A mystery of love rests in metal“ (alle | |
aus 2017) verbindet der Berliner Künstler, einst Mitglied der | |
Künstlergruppe „Honey-Suckle Company“, Bad-Painting-Ästhetik mit dem Char… | |
einer lückenhaften Science-Fiction-Erzählung um einen zerstückelten, in | |
Metallic-Blau gehaltenen Mensch-Maschinen-Körper, knallroten Anthurien und | |
herbstlich durcheinanderwirbelndem Laub. | |
Die Bildfolge erscheint ihrerseits als Teil einer größeren | |
Rauminstallation, welche Malerei, Keramik, Textil, Skulptur sowie | |
verschiedene, auf den Straßen Berlins vorgefundene vertrocknete Brotsorten | |
(Brötchen, Fladen-, Grau-, Schwarz- und Toastbrot) zusammenbringt. | |
Ihleins Gespür für Materialien, sein Sinn für Humor, Überraschungen und | |
räumliche Verhältnisse öffnen sich zu einer verführerischen und | |
verwirrenden Situation, die dazu einlädt, jede Art von zynischer Stumpfheit | |
gegenüber dem Gezeigten abzustreifen. Ja, es stimmt: Von der Kunst derart | |
umarmt und zugleich herausgefordert zu werden, ist ein schönes, seltsames | |
Gefühl. | |
Einblick (682): Nico Ihlein, Künstler | |
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
Und warum? | |
Nico Ihlein: Das war eine Kostüm- und Gewandausstellung im DHM. Ich fand | |
ein paar sehr schöne und besondere Ausstellungsstücke. Belle-Époque-Mode | |
interessiert mich besonders, und es war aufregend, diese Art von Kleidung | |
in echt zu sehen. | |
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
Ich gehe mit Freunden in Clubs, die wissen dann, wohin, war mal bei | |
DjPaypal das fand ich gut, aber letztendlich ist die Frage nicht zu | |
beantworten. Ich tanze sehr gern, schlafe aber auch sehr gern. Meine | |
Lieblingsbar ist die Alibi Bar im Wedding. Das letzte Konzert war von | |
Konrad Sprenger und Phillip Sollmann. Die beiden habe eine Orgel gebaut, | |
transient/ offen/ klein angelegt. So war auch das Konzert. | |
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit | |
durch den Alltag? | |
Guardian online, Arts & Letters Daily, im Wartezimmer Spiegel, Stern, Geo | |
und Gala, ich selbst habe keine Magazine bei mir zu Hause. Wenn ich die | |
Ressourcen hätte, würde ich mir italienische Vogues aus den 70ern und 80ern | |
kaufen, in Hamburg kann man sich die in der Bibliothek ausleihen. | |
Ich bin begeistert von Bibliotheken und Archiven. Das Domus der 60er bis | |
80er kann man in der Stabi ausleihen. Ich lese im Moment „HHhH“ von Laurent | |
Binet, meine Familie hat unergründbare Verbindungen in die | |
Tschechoslowakei, davor „All the pretty horses“. | |
Mein Lieblingsbuch ist „Vanity Fair“ von William M. Thackeray, das Buch der | |
Snobs kommt noch, irgendwann. Alles Nächstes werde ich über Mesmerismus, | |
animal magnetism, lesen und versuchen, das in Beziehung zu anderen | |
Energietheorien zu setzen. | |
Was ist dein nächstes Projekt? | |
Assistenz beenden, Gefäße bzw. Vasen machen, meinen Keller wieder | |
auffüllen, eine Werkstatt 50 Kilometer vor Berlin mit aufbauen und mal in | |
den Urlaub fahren. | |
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
Freude? | |
Ein Morgen mit Sonne, frei bis 10 Uhr, die Menschen in Berlin. | |
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
19 Jul 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.schiefe-zaehne.com/ | |
## AUTOREN | |
Kito Nedo | |
## TAGS | |
Einblick | |
Kunst Berlin | |
Malerei | |
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