# taz.de -- Wirtschaft in China: Neues Wachstum, aber alte Probleme | |
> Die Stahlproduktion in China boomt wie nie. Trotzdem werden 600 Werke | |
> geschlossen. Das liegt an massiven Überkapazitäten weltweit. | |
Bild: Nicht mehr gefragt: chinesischer Stahl | |
PEKING taz | Chinas Wirtschaft geht es besser als erwartet. Das suggerieren | |
jedenfalls die wirtschaftlichen Kerndaten. Wie das Nationale Statistikamt | |
am Montag in Peking mitteilte, hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der | |
Welt im zweiten Quartal gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum 6,9 | |
Prozent zugelegt. „Chinas Wirtschaft ist stabiler, koordinierter und | |
nachhaltiger, als wir erwartet haben“, heißt es in einer Stellungnahme. | |
Ökonomen waren von einem leichten Absinken auf 6,8 Prozent ausgegangen, | |
nachdem die chinesische Wirtschaft 2016 so langsam gewachsen war wie seit | |
26 Jahren nicht. | |
Nun zeigen auch andere Konjunkturdaten, dass die chinesische Wirtschaft | |
wieder besser dasteht. Sie investierte 8,6 Prozent mehr Geld in Maschinen | |
und Fabriken, der Einzelhandel steigerte seinen Umsatz um 10,4 Prozent. | |
Auch der Außenhandel wächst: Die Exporte wuchsen im Vergleich zum Vorjahr | |
im ersten Halbjahr um 8,5 Prozent. „Momentan sehen alle Daten gut aus“, | |
sagt der Pekinger Ökonom Huang Weiping. Damit ist China auf dem besten Weg, | |
das Wachstumsziel von rund 6,5 Prozent zu übertreffen, das Premier Li | |
Keqiang im März vorgegeben hat. | |
Doch sind die besseren Konjunkturaussichten teuer erkauft? Chinas | |
Gesamtverschuldung summiert sich inzwischen auf 277 Prozent der jährlichen | |
Wirtschaftsleistung, wobei der Großteil auf die zumeist staatseigenen | |
Unternehmen zurückgeht. Die Schuldenquoten der Privathaushalte und des | |
Staats an sich fallen eher gering aus. Dennoch hatte im Mai die | |
US-Ratingagentur Moody’s Chinas Kreditwürdigkeit erstmals seit über zehn | |
Jahren um eine Stufe gesenkt. | |
Die chinesische Führung will nun die Konjunktur nutzen, um der vielen | |
faulen Kredite im Land Herr zu werden. Eine Schuldenkrise wie etwa 2010 und | |
2011 in den südeuropäischen EU-Ländern droht China zwar nicht – die | |
chinesische Auslandsverschuldung ist gering, zugleich hat das Land | |
gigantische Auslandsdevisen angehäuft, und der Staat bürgt für die meisten | |
seiner Unternehmen und Banken –, aber unter der allzu großzügigen Vergabe | |
der Kredite leidet die Effizienz. | |
Nicht nur dass Immobilien in den meisten Großstädten inzwischen absurd hohe | |
Preise haben. Viele der Staatsfirmen werden von den ebenfalls staatseigenen | |
Banken mit immer neuen Billigkrediten gepäppelt. Sie produzieren Waren, die | |
niemand braucht. | |
Das hat längst Auswirkungen auf den Rest der Welt. So hat die chinesische | |
Industrie im Juni 73,2 Millionen Tonnen Stahl hergestellt, so viel wie noch | |
nie: im ersten Halbjahr insgesamt 4,6 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum | |
2016. Und das, obwohl China behauptet, in den vergangenen Monaten mehr als | |
600 Stahlwerke geschlossen zu haben. Das bedeutet weltweit massive | |
Überkapazitäten. Die EU erhebt jetzt Strafzölle auf chinesische | |
Stahlimporte. Die USA drohen ebenfalls damit. | |
Bei einem zentralen Finanzwirtschaftstreffen der chinesischen Führung am | |
Wochenende hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping denn auch angemahnt, dem | |
Abbau der Schulden in den Staatsunternehmen „hohe Priorität“ einzuräumen. | |
Er forderte die Behörden des Landes auf, entschlossener gegen | |
„Zombie-Firmen“ vorzugehen, die ausschließlich mit neuen Krediten künstli… | |
am Leben gehalten werden. | |
18 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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