| # taz.de -- Kolumne G-nervt: Hinten kommt nichts raus | |
| > Die radikale Linke misst der Gewaltfrage zu viel Gewicht bei. Das ist | |
| > narzisstisch – und die antikapitalistische Massenmobilisierung so zum | |
| > Scheitern verurteilt. | |
| Bild: Durchs Draufhauen stirbt der Kapitalismus nicht, Menschen sterben aber sc… | |
| Am Donnerstag hat eine vermummte, gewaltbereite und bewaffnete Gang eine | |
| Versammlung brutal angegriffen. Mit Wasserwerfer, Pfefferspray, | |
| körperlichen Angriffen und allem, was zu so einer waschechten | |
| Eskalationsstrategie gehört, sprengte die Polizei die antikapitalistische | |
| „Welcome to Hell“-Demo. | |
| Schnell verschwand der anfängliche Schlachtruf „A-Anti-Anticapitalista“ | |
| zugunsten der Parole „Ganz Hamburg hasst die Polizei“. Die vorgeschobenen | |
| Gründe für die Polizeiattacken waren hanebüchen. Aber das spielt jetzt auch | |
| keine Rolle mehr. | |
| In der Öffentlichkeit bleibt nur der Eindruck zurück, dass Polizei und | |
| Autonome aneinandergeraten sind, so wie sie immer aneinandergeraten. Was | |
| hingegen nicht bleibt: die Botschaft, dass der Kapitalismus Leid und Elend | |
| produziert und er deshalb auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. | |
| Es ist wichtig, dass es viele Stimmen gibt, die Polizeigewalt verurteilen | |
| und Versammlungsfreiheit einfordern. Allerdings geht damit immer die | |
| thematische Verschiebung einher, die sich auch im Wechsel der Parolen | |
| ausdrückte. Plötzlich geht es nicht mehr „ums Ganze“, sondern lediglich um | |
| die Handlanger der Staatsmacht, um „vom Staat bezahlte Hooligans“. | |
| Man sitzt der Logik von Innenpolitikern und Polizei auf. Seit Monaten | |
| warnen die staatlichen Akteure vor Gewalt, überbieten sich selbst mit der | |
| Zahl der erwarteten gewaltbereiten Linken, sprechen von Terror. Auf der | |
| anderen Seite geht es darum, wie viel Polizei welche der schweren Geschütze | |
| auffahren wird. Die Schlagzeilen immer mit dabei. | |
| ## Im Kern narzisstisch | |
| Doch die Anliegen, wofür oder wogegen da eigentlich genau demonstriert | |
| wird, gehen unter. Der Staat bauscht das Gewaltproblem auf, die Medien | |
| steigen darauf ein, und die außerparlamentarische Linke spielt artig mit. | |
| So sorgt sie selbst dafür, dass sich niemand für die eigenen Inhalte, | |
| Analysen, Parolen und Forderungen interessiert. Das hat viel damit zu tun, | |
| dass die radikale Linke selbst der Gewaltfrage so viel Gewicht beimisst. | |
| Dabei ist es eine im Kern narzisstische Frage. Denn ob von einer | |
| Demonstration Gewalt ausgeht oder nicht, ist nicht entscheidend für die | |
| Frage ob sie erfolgreich ist. Entscheidend ist, was hinten rauskommt: ob | |
| man mobilisieren konnte, ob man die Adressaten erreichen konnte, ob man | |
| neue Leute ansprechen konnte. | |
| Vielleicht geht es in diesen Zeiten auch gar nicht anders, als sich auf die | |
| Logik der Innenpolitiker und ihrer Behörden einzulassen, auf die Fragen | |
| nach der Gewalt Antworten zu geben und sie sich selbst eben doch zu | |
| stellen. | |
| Doch wenn das so ist, dann scheint das ganze Unterfangen der | |
| antikapitalistischen Massenmobilisierung zum Scheitern verurteilt. Denn | |
| hinten raus kommt dabei nichts. | |
| 7 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Alexander Nabert | |
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