# taz.de -- Die Wahrheit: Träume sind nicht mal Schäume | |
> Nächtliche Eskapaden im Schattenreich des Schlafs? Von wegen! Meine | |
> Phantasmagorien sind fast so langweilig wie die meines Steuerberaters. | |
Nächtliche Träume sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Mit meinem | |
Steuerberater geriet ich neulich in ein Gespräch darüber, als wir | |
Termindruck, Prokrastinationstechniken und deren Widerhall im | |
Unterbewussten beredeten. Ich erzählte von der geträumten Abiturprüfung, zu | |
der man in der Schule erscheint und plötzlich merkt, dass man ewig nicht | |
mehr am Kurs teilgenommen hat. Oder den Raum nicht finden kann. Oder das | |
Gebäude. | |
Kennst du das auch, fragte ich ihn. Nein, sagte er, aber das klänge | |
immerhin aufregend. Seine Träume seien dagegen ziemlich langweilig. Er | |
träume zum Beispiel regelmäßig, dass er seine Wohnung streiche. „Das | |
Schlimme ist“, sagte er, „ich wache frühmorgens auf, merke, dass ich noch | |
nicht aufstehen muss, schlafe wieder ein und streiche weiter! Und am Morgen | |
habe ich Rückenschmerzen.“ | |
„Und es handelt sich bei den Beteiligten nicht um die Frauen aus dem | |
feministischen Anstreicherinnenkollektiv bei uns im Kiez und beinhaltet | |
doch eine erotische Komponente?“, fragte ich. Aber er verneinte. | |
„Vielleicht musst du deine Wohnung wirklich renovieren, damit das | |
Traum-Trauma ausgestanden ist“, schlug ich vor. | |
Ohnehin weiß ich nicht, wieso er sich beschwert. Es wären schließlich noch | |
langweiligere Träume denkbar, zum Beispiel könnte man träumen, dass man ein | |
Gartenfachmagazin liest. Oder im Parlament einer mittelgroßen Stadt bei | |
einer kommunalen Konferenz zu Gast ist, die in einer skandinavischen | |
Sprache abgehalten wird. | |
Überhaupt könnte man sich doch freuen, wenn die Wohnung wenigstens im Traum | |
renoviert wird. Ich rassele stattdessen einmal im Jahr nachts durch die | |
Abiprüfung, die Restnächte bestehen aus frühmorgendlichen Toilettenträumen. | |
Nasszellen in allen Variationen, die japanischen Supertoiletten mit ihren | |
Mätzchen sind nichts dagegen. | |
Nie träume ich von den Büchern, die ich lese, oder von den Charakteren auf | |
Streamingportalen, auch wenn ich abends extra lange Serien schaue, anstatt | |
zu schlafen. Ich träume weder von den Menschen, die ich liebe, noch von | |
denen, die mir auf die Nerven gehen. Manchmal bin ich nicht sicher, ob das | |
überhaupt meine eigenen Träume sind, die durch das alte Hirn flimmern. | |
Vielleicht hackt sich auch nach Mitternacht jemand mit Mittlerer Reife und | |
einer schwachen Blase ein. | |
Meine Sexträume halten sich leider ebenfalls in Grenzen, wenn man mal die | |
überraschenden, unangebrachten und peinlichen Erlebnisse mit Menschen aus | |
meiner Vergangenheit, mit denen ich mir damals nicht mal eine Dose | |
Hansapils geteilt hätte, außer Acht lässt. Ein einziges Mal habe ich es | |
geschafft, von einem Schauspieler zu träumen, in den ich zu jener Zeit | |
verschossen war. Aber im Traum hatten meine Freundinnen ihn dafür bezahlt, | |
mir schöne Augen zu machen, das war mir sogar in der Traumsituation | |
unangenehm. | |
Einzige Chance auf ein amtliches Traumerlebnis scheint die nächstgelegene | |
Opiumhöhle zu sein. Hoffentlich sind dort die Toiletten in Ordnung. | |
7 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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