Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Stickoxid-Grenzwerte überschritten: Radfahrern in Hannover stinkt's
> Eine Initiative will die Stadt Hannover verklagen, weil seit Jahren die
> Werte für giftiges Stickstoffdioxid in der Luft zu hoch sind. Dafür
> müssten schärfere Regelungen her.
Bild: Am „Aegi“ hat der Autoverkehr Vorrang – noch
Hannover taz | An warmen Tagen hängen die Abgase am Aegi, wie die
Hannoveraner die große Kreuzung in der Nähe des Hauptbahnhofes nennen,
schwer in der Luft. Zur Feierabendzeit stehen die Autos hier in langen
Schlangen. Die von der EU vorgeschriebenen Grenzwerte für das ätzende
Reizgas Stickstoffdioxid überschreitet die Stadt schon seit Jahren. Die
Hauptursache für die dicke Luft ist der Straßenverkehr. Die [1][Initiative
„Hannovair Connection“] will nicht länger darauf warten, dass die Politik
handelt. Sie bereitet derzeit eine Klage gegen die Stadt Hannover vor.
„Wir wollen die Politiker ein bisschen antreiben“, sagt Oliver Thiele,
einer der Initiatoren des Netzwerks aus Privatpersonen, dem ADFC, den
Umweltverbänden BUND und Greenpeace, dem Verkehrsclub Deutschland, dem
lokalen Platz-Da-Projekt und dem Wissenschaftsladen Hannover.
## Neuer Luftreinhalteplan verschoben
Die Umweltdezernentin der Stadt Sabine Tegtmeyer-Dette (Grüne) hatte die
Präsentation eines neuen Luftreinhalteplans immer wieder verschoben.
Hannovair Connection will nun dafür sorgen, dass in dem Papier eine echte
Verkehrswende hin zu mehr Radverkehr festgeschrieben wird.
Durch die bevorstehende Klage werde sich die Stadt nicht trauen, ein
wischi-waschi-Konzept vorzulegen, hofft Thiele. „Sie müssen sonst Angst
haben, dass das Gericht den Luftreinhalteplan sofort kassiert.“ Er stellt
sich eine „Privatwagen-freie City“ vor, in der Fußgänger und Fahrradfahrer
Vorrang haben. In der Innenstadt würden dann nur noch Taxen, Busse und der
Wirtschaftsverkehr fahren. „Leute, die mit ihrem Privatwagen zum Bäcker
fahren, haben keine Priorität“, sagt Thiele, der das ganze nicht als Verbot
bezeichnen will. „Unser Ansatz ist es, die Attraktivität der anderen
Transportmittel zu erhöhen.“
Die Europäische Union hat in einer Richtlinie Grenzwerte für Schadstoffe in
der Luft festgelegt, die seit 2010 gelten. Für Stickstoffdioxid, ein
Nebenprodukt von Verbrennungsprozessen, das die Atemwege reizt, gilt eine
Obergrenze von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) im Jahresmittel. Weil
in Deutschland viele Städte diese Grenze überschreiten, hat die EU im
Sommer 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Die Folge könnten hohe Geldstrafen sein.
In Niedersachsen halten außer Hannover auch Hameln, Hildesheim, Osnabrück
und Oldenburg die Grenzwerte nicht ein. Das Land ist dennoch nicht Teil des
Vertragsverletzungsverfahrens, da die Städte um eine Fristverlängerung für
die Einhaltung der Grenzwerte gebeten haben. Die allerdings ist auch schon
2015 wieder abgelaufen. An den Werten aber hat sich wenig geändert.
## Umweltzone hilft nur gegen Feinstaub
Dabei hat Hannover schon seit 2008 eine Umweltzone. Nur schadstoffarme
Autos, die eine grüne Plakette haben, dürfen seither in die Innenstadt. Die
Grenzwerte für Feinstaub werden deshalb inzwischen eingehalten, nur eben
die für Stickstoffdioxid nicht. Um das zu ändern habe die Stadt 2011 einen
Luftqualitätsplan beschlossen, sagt der Sprecher der Stadt Alexis Demos.
Aber auch der war zu lasch.
Jetzt muss die Verschärfung her, die nun für den Herbst angekündigt ist –
vielleicht sogar Fahrverbote. Die werden zumindest in der Öffentlichkeit
diskutiert. „Wir prüfen mögliche Maßnahmen“, sagt Demos. Konkreter möch…
er sich dazu nicht äußern.
Im August steht erst einmal ein Gespräch zwischen der Umweltdezernentin
Tegtmeyer-Dette und der Hannovair Connection an. „Wir versuchen das im
Dialog zu klären.“ Ob die Initiative nach dem Gespräch noch an dem
Klagevorhaben festhalte, werde sich zeigen.
Auch Mitinitiator Thiele freut sich auf das Gespräch: „Wir werden unseren
Forderungskatalog übergeben“, sagt er. Die Initiative, die es erst seit
drei Monaten gibt, orientiert sich dabei an dem erfolgreichen Münchener
Bürger begehren „Sauba sog i“. Bis 2025 sollen in München nun 80 Prozent
aller Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad, zu Fuß oder in
Elektroautos zurückgelegt werden. Das hat der dortige Stadtrat beschlossen,
auch mit den Stimmen der CSU.
Dasselbe will Thiele nun für Hannover versuchen. „Es ist sehr
ambitioniert“, sagt er, „aber wenn man sich keine Ziele setzt, erreicht man
auch nichts.“
3 Jul 2017
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/HannovairConnection/
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Luftreinhalteplan
Stickoxide
Abgase
Luftverschmutzung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Umstrittener Luftreinhalteplan: Saubere Luft in acht Jahren
Kritik der Umweltverbände BUND und Nabu am Entwurf des Senats. Für gesundes
Atmen seien mehr Restriktionen im Hafen und im Straßenverkehr nötig
Schlechte Luft in Norddeutschland: Städten droht der Smog
Die EU verdonnert Deutschland zu drastischen Maßnahmen wegen schlechter
Atemluft. Betroffen sind auch Hamburg, Hannover und Kiel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.