# taz.de -- Jahrhundertregen in Berlin: Nach der Sintflut | |
> Der Traum ist aus, das Wasser verschwindet. Was bleibt? Die Stadt wird | |
> noch etwas brauchen, um den Regen zu verkraften. | |
Bild: Es regnet, es regnet, die Erde wird nass | |
Wie jetzt: keine Gummistiefel mehr? Sollte tatsächlich nach drei Tagen, an | |
denen es goss wie aus Tanklastern und man eher das Gefühl hatte, in den | |
Tropen zu wohnen als in Mitteleuropa, tatsächlich vorbei sein? Nun, da alle | |
Turnschuhe vor der Tür stehen und mit Zeitung ausgestopft sind? Am Sonntag | |
hatte man erstmals wieder das Gefühl, da draußen, vor dem Fenster, gibt es | |
wirklich noch die Sonne. | |
Wasser, Wasser, Wasser: Von Donnerstagmittag, etwa 11.30 Uhr, bis tief in | |
die Samstagnacht konnte man leicht denken, demnächst biegt die Arche Noah | |
um die Ecke. Wer das Fahrrad nicht bei der Arbeit stehen lassen wollte oder | |
auch nur Brötchen kaufen musste, war im Grunde am besten beraten, wenn er | |
dies in Badehose und -latschen tat. | |
Menschen schickten sich YouTube-Videos, in denen andere Menschen durch den | |
Yorck-Tunnel kraulen. Einer lässt sich im Gummiboot eine Straße | |
runterziehen, eine andere verschwindet plötzlich bis zum Hals in einem | |
Gulli: Den Deckel hatte es offensichtlich weggeschwemmt. | |
Jahrhundertregen, sagen die Meteorologen: An der Messstation in Tegel kamen | |
dank Tief „Rasmund“ innerhalb von 24 Stunden 197 Liter pro Quadratmeter | |
runter, doppelt so viel wie sonst im ganzen Juni. Ein Unwetter dieser Art | |
gab es zum letzten Mal im Jahr 2002. Obwohl laut Wasserbetrieben alles nach | |
Plan funktionierte, stand die Brühe oft stundenlang auf den Straßen. | |
## Feuerwehr musste 2.500 Mal ausrücken | |
U-Bahnhöfe verwandelten sich in Wasserfälle, bei vielen lief der Keller | |
voll. In Charlottenburg wurde ein Haus so unterspült, dass es wegen | |
Einsturzgefahr evakuiert werden musste. Allein in der Nacht zum Freitag | |
musste die Feuerwehr rund 2.500 Mal ausrücken. Damit hatte sie mehr zu tun | |
als an Silvester. | |
Berlin wird wohl noch eine Weile beschäftigt sein, diesen Flatsch zu | |
verkraften. In den Baumärkten gibt es keine Pumpen mehr, Regenschirme sind | |
auch aus. Weil das ganze Nass letzten Endes in die Spree lief, fiel am | |
Sonntag der Flussbad-Pokal an der Museumsinsel ins Wasser – aufgrund | |
mangelhafter Wasserqualität und den damit verbundenen Gesundheitsrisiken . | |
Nun ist der Albtraum vorbei. Man könnte aber auch sagen: Ein herrlicher | |
Traum ist aus. Ein uriger Traum eigentlich, in dem der Alltag mal wieder so | |
richtig schön von oben und völlig ohne eigenes Zutun durcheinandergewirbelt | |
wurde. | |
Als arbeitender Erwachsener mag man ja durchaus erleichtert sein, dass hier | |
und da wieder blaue Stellen am Himmel erkennbar sind, dass man die Badehose | |
in den Schrank packen kann, ohne Survival-Klamotten aus dem Outdoor-Laden | |
zur Arbeit kommt und die nasse Wäsche nun trocknen kann. | |
Aber eigentlich haben die Kinder recht. Sie hüpfen noch immer begeistert | |
von riesiger Pfütze zu riesiger Pfütze. Und singen, so laut sie können: „Es | |
regnet, es regnet, die Erde wird nass! Und wenn’s genug geregnet hat, dann | |
wächst auch wieder Gras!“ | |
2 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Wetter | |
Unwetter | |
Regen | |
Baden | |
Regen | |
Unwetter | |
Wetter | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wasserqualität in Europa: Gut zum Baden, schlecht zum Leben | |
Die Gewässer Europas sind ungefährlich für Schwimmer, ökologisch aber | |
katastrophal. Zum diesem Schluss kommt eine EU-Umweltbehörde. | |
Kolumne Liebeserklärung: Regen, mein Lehrmeister | |
Auch wenn 150 Liter pro Quadratmeter auf einmal runterkommen – Wasser ist | |
die Essenz des Lebens! Zumindest bis nächste Woche. | |
Jahrhundertregen: Zum Schwimmen zu nass | |
Rekordmengen an Regen sorgen für Rekord bei Einsätzen. Der Flussbad-Pokal | |
dürfte für dieses Jahr untergegangen sein: Die Kanalisation ist | |
übergelaufen. | |
Besuch beim Deutschen Wetterdienst: Beständig wechselhaft | |
Vorhersage Sturzfluten, Sommergewitter, Ostwinde. Das Wetter ist unsere | |
letzte große Ungewissheit. Deswegen reden wir soviel darüber. |