# taz.de -- Verkehrspolitik in Hamburg: CDU will Autoverkehr retten | |
> Eigentlich soll Hamburg radfahrerfreundlicher werden. Die CDU-Fraktion | |
> fordert hingegen eine Abkehr vom Konzept „Fahrradstadt“ | |
Bild: Beliebte Strecke: Ein Fahrradbarometer zählt die Radler an der Alster | |
HAMBURG | taz Die CDU versucht, sich vom rot-grünen Senat abzusetzen und | |
steuert in der Verkehrspolitik um. Fraktionschef André Trepoll verlangt, | |
die vermeintliche Bevorzugung des Fahrrades zu beenden. „Der Senat geht mit | |
der Brechstange einseitig gegen den Auto- und Fußgängerverkehr vor“, | |
kritisiert er. | |
Dabei ist Hamburg weit davon entfernt, ein Radlerparadies zu sein. Im | |
Klimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) erhielt es nur die | |
Note Vier. Die Radler sind unzufrieden mit zu engen Wegen und dem Verhalten | |
anderer Verkehrsteilnehmer. | |
Der Senat möchte dies ändern. Jährlich sollen 50 Kilometer Radwege gebaut | |
werden, der Anteil an Radverkehr soll auf 25 Prozent steigen und die | |
Sicherheit soll erhöht werden. „Wir haben das Leitbild, dass wir | |
Fahrradstadt werden wollen“, sagt Martin Bill von der | |
Grünen-Bürgerschaftsfraktion. | |
CDU-Fraktionschef André Trepoll hält dies für eine Utopie: „Von den 35 | |
fahrradfreundlichsten Metropolen Europas hat keine mehr als 600.000 | |
Einwohner. Das muss man sich vor Augen führen, wenn man Konzepte von | |
Kleinstädten auf eine Metropole von zwei Millionen Menschen überträgt.“ | |
Dass dies in einer Großstadt funktionieren kann, zeigt London. Dort leben | |
mehr als acht Millionen Menschen, allein im Innenstadtbereich circa drei | |
Millionen. Im morgendlichen Verkehr benutzen 32 Prozent das Fahrrad in der | |
Innenstadt, auf einigen Hauptstraßen sogar bis zu 70 Prozent. . | |
Trepoll hält dagegen, dass Hamburg mehr Industrie als London habe. Daher | |
dürfe der Wirtschaftsverkehr nicht gestört werden: „Es ist keineswegs | |
unsere politische Auffassung, dass man den Radverkehr nicht fördern | |
sollte“, sagt er. „Aber an leistungsfähigen Hauptverkehrsstraßen führt k… | |
Weg vorbei.“ | |
Welche Radwege jedoch überhaupt auf großen Straßen geeignet sind, ist einer | |
der Hauptstreitpunkte zwischen Rot-Grün und der CDU. Letztere fordert | |
sogenannte Hochbordradwege auf dem Bürgersteig neben der Fahrbahn. Bill | |
hält dagegen, dass Fahrradstreifen auf der Straße der empfohlene Standard | |
seien. „Die sind in der Regel auch am besten machbar“, sagt er. | |
Problematisch seien die Hochbordradwege, weil durch parkende Autos und | |
Büsche die Sicht eingeschränkt sein kann und dies die Unfallgefahr erhöht. | |
Auf den neu gebauten Strecken habe es bisher keine schweren Unfälle | |
gegeben. „Unfälle mit Schwerverletzten oder gar Toten geschahen an | |
Kreuzungen und Einmündungen, an denen es noch die alten Radwege gab“, sagt | |
Bill. „Es ist objektiv sicherer auf der Fahrbahn zu fahren, auch wenn es | |
subjektiv ungewohnt ist.“ | |
Nach Ansicht Trepolls müssen sich die gestiegenen Autozulassungen im | |
Verkehrskonzept niederschlagen. In den vergangenen fünf Jahren wurden | |
76.000 Autos zusätzlich zugelassen. Zur gleichen Zeit wuchs aber auch die | |
Bevölkerung um ungefähr 70.000 Menschen. | |
Trepoll befürchtet, dass Autofahrer bei der Verkehrsplanung zu kurz kommen: | |
„In Altona wurden teilweise nur 600 Radfahrer am Tag, aber 40.000 PKWs | |
gezählt“, sagt er. Bei einer Interessenabwägung könne die Politik nicht den | |
Radverkehr einseitig fördern und Stau im Autoverkehr erzeugen. | |
Rot-Grün setzt andere Prioritäten: Ziel sei, dass am Ende eines Umbaus von | |
Straßen vernünftig Fahrrad gefahren werden könne, sagt Bill. „Wie das | |
konkret gemacht wird, entscheidet sich im Einzelfall.“ | |
28 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Philipp Steffens | |
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