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# taz.de -- Sparkurs beim „Guardian“: 20 Prozent wegschneiden
> Die britische Zeitung muss sparen. Umziehen in eine günstigere Lage
> wollte man nicht. Stattdessen wird das Format verkleinert.
Bild: Bald wohl noch kompakter: der „Guardian“.
Dublin taz | Der Guardian verkleinert sich. Und zwar sichtbar: Erscheint
die britische linksliberale Tageszeitung bisher im „Berliner Format“ (wie
die taz), will man jetzt aufs kleinere „Tabloid“-Format umsteigen. Knapp 20
Prozent kleiner würde das Blatt damit sein.
Die Zeitung will damit einen drohenden Bankrott abwenden. Die Einigung mit
dem Verlag Trinity Mirror, wo der Guardian künftig gedruckt werden soll,
steht unmittelbar bevor. Auch News UK des Medienzaren Rupert Murdoch hatte
sich um den Auftrag beworben – aber man wollte es den Mitarbeitern nicht
zumuten, ihre Artikel beim Erzfeind drucken zu lassen.
Der Verlag, die Guardian Media Group, hatte im vorletzten Geschäftsjahr
einen Verlust von 62,6 Millionen Pfund eingefahren. Nun arbeitet das Blatt
nach einem dreijährigen Sparplan, an dessen Ende eine schwarze Null stehen
soll. So wurde die Belegschaft in den USA zunächst von 140 auf 100
reduziert, in Großbritannien wurden 250 Stellen eingespart. Insgesamt
beschäftigt der Verlag noch rund 1.500 Menschen.
Die Sparmaßnahmen haben dafür gesorgt, dass die Verluste im vorigen
Geschäftsjahr auf 37,8 Millionen Pfund gesunken sind. Auch eine Rückkehr
nach Manchester, wo der Guardian bis zum Umzug nach London 1964 residierte,
wurde angeblich in Erwägung gezogen, doch die Geschäftsführung bestritt
das: Es gebe zur Zeit keine Pläne, das Verlagsgebäude in der Nähe des
Bahnhofs Kings Cross aufzugeben.
## Luxus „Berliner Format“
Publizistisch gehört der Guardian zu den erfolgreichsten Blättern der Welt:
die Wikileaks-Enthüllungen, die Aufdeckung der Abhöraffäre bei Rupert
Murdochs News of the World, die Berichte über Folter an Gefangenen im Irak,
und nicht zuletzt die Veröffentlichung der Snowden-Papiere. Neben der
Washington Post ist auch der Guardian für seine Berichte über den
NSA-Skandal mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet worden.
Die Zeitung wurde 1821 als Wochenzeitung Manchester Guardian gegründet.
1872 wurde C. P. Scott Chefredakteur und schließlich Eigentümer. 57 Jahre
lang leitete er die Zeitung und steuerte sie nach links. Nach seinem Tod
gründete sein Sohn eine Stiftung, um die Unabhängigkeit des Blattes zu
garantieren. Dieser Stiftung, dem Scott Trust, gehören Zeitung und
Buchverlag noch heute, aber das Vermögen ist auf 750 Millionen Pfund
gesunken.
Bis 2005 war die Zeitung ein Broadsheet. Die Stiftung wollte schon damals
auf das Tabloid-Format umsteigen, doch Alan Rusbridger, der bis 2015
Chefredakteur war, bestand auf dem Berliner Format. Da in Großbritannien
aber niemand dieses Format drucken konnte, leistete sich der Guardian ein
eigenes Druckzentrum für rund 80 Millionen Pfund. Wenn sich kein Käufer im
Ausland findet, müssen die Maschinen verschrottet werden. Der Verlag
schuldet der Lloyds Bank noch immer 33,7 Millionen Pfund für das Leasing
der Druckpressen.
2005 lag die Auflage des Guardian noch bei über 380.000 Exemplaren, doch
seitdem ist sie kontinuierlich gesunken. Heute sind es noch 160.000
Exemplare. Deshalb ging man 2011 noch einmal in die Offensive und
investierte heftig in die Expansion der digitalen Ausgabe. Hundert neue
Web-Entwickler wurden eingestellt, seit 2011 gibt es eine
US-Online-Ausgabe, 2013 folgte die australische Version. 2014 erhielt der
Guardian zwei Preise für das beste digitale Design. Nach der Daily Mail und
der New York Times ist der Guardian online die meistgelesene
englischsprachige Zeitung der Welt, sie hat rund 150 Millionen „Unique
Monthly Visitors“.
Die müssen aber nichts bezahlen. Man bittet – wie die taz – die Leserschaft
um freiwillige Beiträge. Im April gab die Geschäftsführung bekannt, dass
sich 200.000 Menschen zu einem regelmäßigen Beitrag verpflichtet haben,
rund 160.000 haben einmalig gezahlt. Die Option, wie der Independent nur
noch digital zu erscheinen, komme für den Guardian aber nicht in Frage,
sagte ein Verlagssprecher. Jedenfalls noch nicht.
15 Jun 2017
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Printmedien
Zeitungsmarkt
The Guardian
Murdoch
Schwerpunkt Zeitungskrise
Google
Rupert Murdoch
TV
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