# taz.de -- Rock over Billstedt: Herz für Hartes | |
> Im „Bambi Galore“ in Hamburg-Billstedt trifft sich regelmäßig die | |
> Metalszene. Nun wird der neue Konzertsaal eingeweiht – mit heftigem | |
> Death-Metal-Geballer. | |
Bild: Keine Berührungsängste: der neue „Kronensaal“ im „Bambi Galore“. | |
Hamburg | taz Am Anfang stand die pure Ironie: 1980 gründete eine Gruppe | |
engagierter BillstedterInnen die „Initiative für den Aufbau und die | |
Weiterführung eines Stadtteilkulturzentrums“. Zehn Jahre später, nach | |
zahlreichen Anträgen und unermüdlicher Überzeugungsarbeit gegenüber Bezirk | |
und Bürgerschaft, wurden dem Verein die Räumlichkeiten eines stillgelegten | |
Wasserwerks zugesprochen. 1993 erfolgte schließlich der Einzug ins neue | |
Domizil im Öjendorfer Weg. Die Ladenfläche des humorvoll „Kulturpalast“ | |
benannten Zentrums maß damals gerade einmal 70 Quadratmeter. Sein | |
gastronomischer Bereich, ein kleiner Tresen und ein paar Sitzplätze, | |
erhielt den dazu passenden Namen „Größenwahn“. | |
Damals hat wohl keiner der GründerInnen und BetreiberInnen zu träumen | |
gewagt, was in den folgenden 30 Jahren passieren würde. Mit Umsicht | |
erweiterte das Zentrum seine Angebotspalette, etwa um Musik-, Theater- und | |
Filmveranstaltungen, Förder- und Bildungsprogramme für Kinder und | |
Jugendliche, aber auch um Events, die die kulturell vielfältige | |
Bevölkerungsstruktur Billstedts berücksichtigten. Heute ist der | |
„Kulturpalast“ deshalb eine feste und unverzichtbare Größe in einem als | |
„sozial schwach“ verrufenen Stadtteil. Seit 1993 kann das mittlerweile von | |
der „Stiftung Kultur Palast Hamburg“ getragene Zentrum stetig steigende | |
Besucherzahlen vorweisen. | |
## Permanent Platzmangel | |
Wegen des enormen Zuspruchs sahen sich die BetreiberInnen in der | |
Vergangenheit aber immer wieder mit akutem Platzmangel konfrontiert. | |
Deswegen musste am 1912 errichteten und teils denkmalgeschützten Gebäude, | |
in dem der Kulturpalast residierte (und von dem aus früher die ganze Gegend | |
mit Trinkwasser versorgt wurde), ein ums andere Mal angebaut werden. | |
Umfangreiche Baumaßnahmen erforderte zum Beispiel die 1996 ins Leben | |
gerufene Aktion „Wasserbunker“. Ihr Ziel war es, die bisherige | |
Mini-Gastronomie zu vergrößern und einen veritablen Musikklub im | |
Kellergewölbe einzurichten. 2001 waren dafür die nötigen Gelder | |
eingesammelt und alle Genehmigungen eingeholt. Drei Jahre danach öffnete | |
ein stattliches Esslokal im gläsernen Foyer seine Pforten, während im | |
Keller ein kleiner Live-Musik-Klub von sich reden zu machen begann. Das | |
„Bambi Galore“ war geboren. Die Erfolgsgeschichte des Klubs mit dem | |
bekloppt-einprägsamen Namen mutet ein bisschen bizarr an. | |
Zu Beginn war das Musikprogramm im „Bambi Galore“ noch reichlich gemischt. | |
Es ging durch alle Genres. Und alle zwei Monate fanden Konzerte aus dem | |
Metal-Bereich statt, nach denen ein gewisser DJ Ayhan Maiden für weitere | |
Riff-Beschallung sorgte. Unerwarteterweise erfreuten sich diese unter dem | |
Motto „Revolt!“ stehenden Abende mit internationalen Live-Acts zunehmender | |
Beliebtheit – auch unter Zentral-Hamburgern, die zum Ausgehen nur ungern | |
ihre Stadtteile verlassen. | |
## Nische für Metalfans | |
Dieser Trend hielt über die Jahre ungebrochen an und führte schließlich | |
dazu, dass Metal-Konzerte im „Bambi“ heute die Regel sind. Als dessen | |
kurioser Nebeneffekt treffen sich nun Thrash-, Death- und Black-Metalheads | |
aus ganz Hamburg regelmäßig in Billstedt. Ebenfalls amüsant: Im Programm | |
des „Kulturpalast“ stehen die Ankündigungen für „Heidi“-Film und „H… | |
Academy“, „Gipfeltreffen der Klangstrolche“ und „Clownszirkus Pulcinell… | |
neben dunklen Flyern mit grimmig-verzackten Schriftzügen von Bands, die | |
Cryptopsy, Sadism oder Kill Ritual heißen. | |
Die vorerst letzte Etappe im ständigen Wachstum des Kulturzentrums stellt | |
der in diesem Jahr fertiggestellte Neubau dar. Mit einer Nutzfläche von | |
nunmehr 3.500 Quadratmetern kann sich der „Kulturpalast“ seitdem das größ… | |
Stadtteilkulturzentrum Hamburgs nennen. Darin ist jetzt auch die | |
geräumigste Halle des Hauses, der „Kronensaal“, untergebracht. Wieder so | |
ein selbstironischer Name? Nur bedingt: Die Halle strahlt nicht gerade eine | |
festliche Stimmung aus. Dafür ist sie aber technisch tipptopp ausgestattet | |
und multifunktional nutzbar. Sie verfügt über verstellbare Wände und eine | |
Galerie, sie kann komplett bestuhlt werden und bietet im Konzertbetrieb bis | |
zu 800 Stehplätze. | |
Eingeweiht wird der „Kronensaal“ am 17. Juni. Dann werden die | |
niederländische Band Asphyx und andere Gruppen die brandneue | |
Verstärkeranlage einem ausgiebigem Belastungstest unterziehen. Mit heftig | |
ballerndem Death Metal natürlich. | |
„Revolt!“ mit Asphyx, Shirenc plays Pungent Stench, Fäulnis, Cryptic Brood, | |
Phantom Corporation und Soul Conqueror: Sa, 17. 6., 18 Uhr, Bambi Galore, | |
Öjendorfer Weg 30 | |
16 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Michele Avantario | |
## TAGS | |
Heavy Metal | |
Hamburg | |
Subkultur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |