# taz.de -- Die Wahrheit: Autobahn mit Zungenbrecher | |
> Neues aus Neuseeland: Der neue Kapiti-Expressway führt schnurstracks | |
> durch heilige Stätten der Ureinwohner. Doch das ist nicht der Skandal. | |
Dass man in Neuseeland nichts bauen darf, das den Sitz eines Naturgeists | |
namens Taniwha zerstören könnte, war einer der oft kolportierten Mythen im | |
magischen Reich der Bikultur. Völlig falsch. Erst kürzlich wurde der neue | |
Kapiti-Expressway eröffnet, für Kiwi-Verhältnisse eine Autobahn, entlang | |
der unteren Westküste der Nordinsel. Sie führt schnurstracks durch heilige | |
Stätten der Ureinwohner. Doch das ist nicht der Skandal. Sondern wie sie | |
heißen soll. | |
Kurz vor Waikatane auf dem Weg nach Wellington steht eine Betonwand mit | |
Maori-Malereien. Dahinter liegt das Land der Schriftstellerin Patricia | |
Grace, einer der hochangesehensten Literatinnen im Lande. Die | |
Maori-Aktivistin musste lange vor Gericht kämpfen, um den Grund und Boden | |
zurückzubekommen, den die Kolonialmacht einst ihrem Vorfahren Wi Parata | |
Te Kakakura stahl. Ihre Vorfahren liegen dort begraben. Auf der anderen | |
Seite ist ein Hügel. Dort sind noch die Steine einer traditionellen | |
Grabstätte der polynesischen Ureinwohner zu sehen. Sie sind fast so alt und | |
heilig wie Patricia Grace. | |
Wie immer man es dreht und wendet: Die Autobahn ist praktisch, denn die | |
Staus in und aus der Hauptstadt waren bisher ein „pain in the ass“. Aber | |
politisch korrekt ist sie nicht. | |
Rassisten und Rednecks regen sich dennoch auf. Denn der Expressway wird in | |
sieben Teile unterteilt, und die sollen allesamt Maori-Namen bekommen. | |
Einer davon: Kakakura Road, nach Patricia Graces Vorfahren. Volkes Zorn | |
überschlug sich: Kann niemand aussprechen! Kann niemand verstehen! Ein | |
Straßenname muss doch Bedeutung haben! Wer soll all den Kram auswendig | |
lernen? Vorher hieß der längste Abschnitt der Straße nur Main Road, ein | |
Teil davon Main Road South, einer Main Road North. Und jetzt stattdessen | |
diese Zungenbrecher. Wie Katu Road. | |
Dabei wäre es doch viel einfacher, den „State Highway 1“ durch einen | |
simplen englischen Namen zu ersetzen. Wie wäre es zum Beispiel mit dem | |
Klavierstimmer St. John Majoribanks Cholmodeley-Featheringstonehaugh, der | |
aus Worcestershire (sprich das mal einer korrekt aus!) nach Raumati | |
emigrierte. Oder die berühmte Bardame in Waikanae mit irischer Abstammung, | |
die den ersten Ceilidh (das ist ein Volkstanz) in der neuen Heimat | |
einführte: Siobhan Caoimhe Niamh O’Coughlan. | |
Stattdessen der hochkomplizierte Straßenname „Unaiki“. Im Gegensatz zum | |
Ceilidh wird jeder Buchstabe in „Unaiki“ genauso gesprochen, wie er | |
geschrieben wird. Aber vielleicht sollte die neue Straße der Einfachheit | |
halber „Road Rage Road“ heißen für all die Tobsüchtigen hinterm Steuer, … | |
sich über Staus und Straßennamen erzürnen? | |
Für Otaki, ein 6.000-Seelen-Nest an der Kapiti-Küste, werden diese Fragen | |
wichtiger denn je. Otaki soll der erste bilinguale Ort Neuseelands werden: | |
alle Schilder auf Maori und Englisch. Eine Studie fand vor 40 Jahren | |
heraus, dass es dort keinen einzigen jungen Maori mehr gab, der seine | |
Sprache noch flüssig sprechen konnte. | |
15 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
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