# taz.de -- Die Wahrheit: Krieg der Imker | |
> Neues aus Neuseeland: Wegen eines wertvollen Rohstoffs herrscht Zwist | |
> unter den bislang friedlichen Bienenzüchtern Aotearoas. | |
Jahrelang zerbrach man sich den Kopf, was man den Lieben in Deutschland | |
noch als Mitbringsel schenken kann, nachdem die Phase der Plüschschafe, | |
Haka-Kulis und Possum-Socken durchlaufen war. Jetzt wollen alle nur noch | |
unseren klebrigsten Brotaufstrich. Manuka-Honig, das angebliche | |
Wundermittel aus Aotearoa, wird in Europa gerade in Gold aufgewogen. Und wo | |
Goldrausch, da Gangster. | |
Bis zu 80 Euro zahlt man neuerdings für ein Gläschen des goldenen Nektars, | |
der in seiner hochprozentigen Form antibiotische Wirkung hat. Promis von | |
Kourtney Kardashian bis Kate Middleton sind erklärte Fans des „Superfoods“. | |
Der Preis hat sich in wenigen Jahren vervierfacht. Der Londoner | |
Feinkostladen Fortnum & Mason, Hoflieferant der Queen, hat den Edelhonig | |
jedoch aus seinem Sortiment genommen. Die britische Lebensmittelbehörde | |
hatte neun Produkte getestet und festgestellt, dass die meisten davon nur | |
geringe Spuren vom Manuka-Wirkstoff aufweisen. Der einzige Unterschied zum | |
schnöden Allerweltshonig ist der Preis. | |
Eine andere Untersuchung belegt, dass in England mehr Gläser des | |
angeblichen Manuka-Honigs verkauft als weltweit produziert werden. Noch | |
kommt das flüssige Gold exklusiv aus Neuseeland, doch die Konkurrenz | |
schläft nicht. Die Australier vermarkten ihren Jellybush-Honig bereits als | |
„Australiens Manuka“, nachdem die Kiwis jahrzehntelang ihr heilendes | |
Manuka-Öl als „Neuseelands Teebaum-Öl“ anpriesen. So rächt man sich. Und | |
clevere Imker in der Türkei und in Portugal haben bereits die ersten | |
Manuka-Büsche angepflanzt. | |
Kein Wunder, dass auch unter den Imkern Neuseelands Krieg herrscht. Noch | |
gibt es keine Instanz, die zuverlässig prüft, ob auch überall Manuka drin | |
ist, wo „Manuka“ draufsteht. Oft fliegen die Tierchen nur am Zauberbusch | |
vorbei und werden daheim mit Zuckerlösung gefüttert. | |
Betrug ist aber nicht alles. Es herrschen mafiaähnliche Zustände. Der | |
Guardian berichtete bereits über die „Manuka-Verbrechenswelle“, die über | |
das Land von Milch und Honig schwappt. Einer der größten | |
Manuka-Honig-Exporteure im Lande wird von einem Maori-Stamm beschuldigt, | |
deren Wälder abgeholzt und kleine Imker vom Land vertrieben zu haben. 18,5 | |
Millionen Dollar hat die Firma letztes Jahr mit ihren 30.000 Bienenstöcken | |
verdient, aber der Goldrausch geht am Städtchen Tinopai vorbei. Ein | |
Grabenkrieg ist entbrannt; die Maori-Imker wehren sich mit Guerillataktik. | |
„Würde meine Tante Nuki noch leben“, erbost sich der Aktivist Mikaera Miru, | |
„würde sie die Eindringlinge mit der Schrotflinte vertreiben.“ | |
Morde hat es bereits gegeben – an den Insekten. In der Doubtless Bay im | |
hohen Norden redet man seit letztem Jahr nur noch vom „Massaker“: einem | |
Anschlag mit Insektenspray, dem 300 Bienenstöcke zum Opfer fielen. „Ein | |
einziger Albtraum“, so der Besitzer der Imkerei Daykel Apiaries, der | |
seitdem an posttraumatischem Stresssyndrom leidet. Und dagegen hilft nicht | |
mal Manuka-Honig. | |
18 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
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