| # taz.de -- Die Wahrheit: Weetagate zum Frühstück | |
| > Neues aus Neuseeland: Ein Riesensektenkonzern versucht ein kleines | |
| > Unternehmen in die Knie zu zwingen – wegen blasser Pampe auf Weizenbasis. | |
| Mit typisch neuseeländischer Küche kann man als Eingewanderte hadern. Wer | |
| sich wie ich nach kulinarischen Kindheitserinnerungen sehnt, schmuggelt | |
| Maggi-Flaschen oder Marzipan ein. Britische Expats, die eigentlich für jede | |
| Veränderung ihrer berüchtigten Ernährung dankbar sein müssten, haben gar | |
| eigene Läden im Lande, um weiterhin ihre Lieblingsmarken aus der Heimat zu | |
| beziehen. Doch diese Versorgung ist akut bedroht: Neuseeland steckt tief im | |
| Weetagate-Skandal. | |
| „A Little Bit of Britain“ heißt der Shop in Christchurch, wo Besitzerin | |
| Lisa Wilson neben essigsauren Chips und englischer Schokolade (ein | |
| Oxymoron, aber angeblich essbar) solche bewährten Abartigkeiten wie „Steak | |
| and Kidney Pie“ in der Dose verkauft. Und natürlich auch Frühstücksflocken | |
| wie das traditionelle Weetabix. Das ist ein staubtrockener Weizenkeks, der | |
| sich durch Milch in blasse Pampe verwandelt. Briten lieben so was, aber die | |
| haben ja auch den Brexit. | |
| Kiwis lieben so was auch, aber wir haben hier Weet-Bix: ähnliches Produkt, | |
| ähnlicher Name, aber nicht gleich, schon gar nicht im Geschmack – behaupten | |
| Kenner, ich nicht. Als Lisa Wilson sich vorigen Monat ihre Ladung Weetabix | |
| aus Übersee schicken ließ, wurden die 360 Schachteln vom Zoll beschlagnahmt | |
| – auf Geheiß der Firma Sanitarium, die Weet-Bix herstellt. Sie fürchtet | |
| Konkurrenz. | |
| Sanitarium ist ein Riesenkonzern für vegetarische Fertigprodukte. In China | |
| sind deren Cerealien besonders beliebt, seit sie in der TV-Serie „Ode to | |
| Joy“ auftauchten. Bis zu 40 Euro kostet dort eine Packung. Da die Firma den | |
| Sieben-Tages-Adventisten gehört, gilt sie als wohltätig und muss in | |
| Neuseeland und Australien keine Steuer abführen. | |
| So weit, so fragwürdig. Lisa Wilson von „A Little Bit of Britain“ bekam | |
| einen Schrieb von Sanitarium, sie dürfe ihre Import-Bixe nur verkaufen, | |
| wenn sie den Namen überklebe und „Weetabix“ auch auf ihrer Webseite lösch… | |
| „Das ist Schikane“, sagt Wilson. „Wir sind ein kleines Unternehmen, das d… | |
| Multimillionen-Dollar-Konzern in die Knie zwingen will. Die Produkte sind | |
| verschieden, die kann niemand verwechseln.“ | |
| Sanitarium hat sein heiliges Weetbix nicht mal erfunden, sondern Name und | |
| Rezept in den zwanziger Jahren von einem englischen Hersteller gekauft. | |
| Dass der Arm der Sekte so weit reicht, dass eine kleine Lieferung | |
| Weizenstaub wie ein Drogenfund am Zoll abgefangen wird, ist der eigentliche | |
| Skandal. Mit ähnlichen Bully-Methoden hatte die Firma schon mal ihr Monopol | |
| verteidigt, als nach dem Erbeben in Christchurch die dortige | |
| Sanitarium-Fabrik nicht mehr den Brotaufstrich Marmite herstellen konnte. | |
| Ein Laden, der die Hefe-Schmiere aus England importierte, weil das hungrige | |
| Volk nach Marmite verlangte, wurde in einen langen Rechtsstreit gezwungen. | |
| Auch Lisa Wilson will bis vors höchste Gericht ziehen. Egal, ob sie den | |
| Fall gewinnt oder nicht: Sanitarium hat bereits Kunden verloren. Seit | |
| Weetagate werden die Sekten-Produkte boykottiert – nicht nur von Engländern | |
| weltweit, sondern auch von Kiwis. | |
| 27 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Anke Richter | |
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