| # taz.de -- Verarbeitung von Rohstoffen: Schleichwege fürs Blutgold | |
| > Konfliktmineralien sollen nach einer EU-Regelung nicht mehr verarbeitet | |
| > werden. Doch es gibt Schlupflöcher, kritisieren NGOs und Wirtschaft. | |
| Bild: Lockt oft Terrormilizen an: Zinnabbau im Kongo, hier in der Provinz Süd-… | |
| Berlin taz Ab Donnerstag tickt die Uhr für all diejenigen, die das neue | |
| Gesetz über Konfliktmineralien umsetzen müssen. Es soll verhindern, dass | |
| Unternehmen in Europa Gold, Tantal, Wolfram oder Zinn verarbeiten, mit | |
| deren Verkauf Menschenrechtsverletzungen, Kriege oder bewaffnete Konflikte | |
| finanziert werden. | |
| Im vergangenen halben Jahr hatten sich die EU-Institutionen auf die | |
| Regelungen geeinigt. Am heutigen Donnerstag treten sie in Kraft – während | |
| ihr Vorbild, der Dodd-Frank Act in den USA, zur Disposition steht. Vier | |
| Jahre haben Mitgliedsstaaten und Unternehmen in Europa nun Zeit, sich | |
| vorzubereiten, 2021 werden Unternehmen erstmals überprüft. Betroffen sind | |
| vor allem Hütten, die Erze zu Metallen verarbeiten. | |
| In Deutschland bestehen bereits Zertifizierungssysteme für | |
| Konfliktmineralien; die müssen sich nun bei der zuständigen Bundesanstalt | |
| für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) akkreditieren und beweisen, dass | |
| sie konform mit dem neuen EU-Gesetz arbeiten. Das wichtigste System ist das | |
| Conflict free Smelter Program (CFSP) – übersetzt etwa „Programm für | |
| konfliktfreies Schmelzen“. Es arbeitet schon seit 2010 und zertifiziert | |
| Hütten und Raffinerien. Ein Zertifikat des CFSP gilt künftig als Beleg für | |
| die Gesetzeskonformität der Unternehmen. | |
| Gudrun Franken, die den Bereich Bergbau und Nachhaltigkeit bei der BGR | |
| leitet, schätzt die Zahl der vom Gesetz betroffenen Hütten auf unter zehn. | |
| Sie ist so niedrig, weil für Erzimporteure ein hoher Schwellenwert gilt – | |
| die Gesetze gelten erst für Unternehmen, die über 100 Kilo Gold oder 5 | |
| Tonnen Zinn pro Jahr einführen. Zudem müssen sich nur Unternehmen | |
| zertifizieren lassen, die Erze oder Produkte der ersten Verarbeitungsstufe | |
| einführen, etwa Draht. Draht, der schon zu Leiterplatten, Autobauteilen | |
| oder Computern verarbeitet wurde, muss nicht zertifiziert werden. | |
| ## Und die Kleinschürfer? | |
| Die Unternehmen der Grundstoffindustrie kritisieren dies. Sie gerieten vor | |
| allem gegenüber China ins Hintertreffen, argumentieren sie. „Der Wettbewerb | |
| wird verzerrt“, sagt Sebastian Schiweck, zuständig für Handels- und | |
| Rohstoffpolitik bei der Wirtschaftsvereinigung Metalle. Betriebe, die hier | |
| Erze oder Metallrohstoffe verarbeiteten, müssten in Transparenz und | |
| Lizenzierung investieren. Über importierte, bereits verarbeitete Produkte | |
| finden nicht zertifizierte Rohstoffe trotzdem ihren Weg in die EU. | |
| Michael Reckordt von der Entwicklungsorganisation Powershift sieht das | |
| ähnlich: „Viele Unternehmen werden ihrer Sorgfaltspflicht entlang der | |
| Lieferkette nicht nachkommen“, befürchtet er. Weder die Bundesregierung | |
| noch die EU habe Ideen, wie man verhindern könne, dass Kleinschürfer in den | |
| betroffenen Ländern verdrängt werden. „Wie wird verhindert, dass sich der | |
| Preisdruck durch die Zertifizierung auf die Schwächsten auswirkt?“, fragt | |
| Reckordt. Das Netzwerk Eurac schlägt vor, die EU solle Kooperativen | |
| fördern, die die Interessen der Kleinschürfer vertreten. | |
| 8 Jun 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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