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# taz.de -- Vor der Parlamentswahl im Kosovo: Gefahr für die alte Garde der U�…
> Die Jungen sind genervt von den Krieghelden, die mit Klientelismus und
> Korruption den Kosovo beherrschen. Ihr Hoffnungsträger heisst Albin
> Kurti.
Bild: Ex-Premier Haradinaj soll wieder Ministerpräsident werden – nach fragw…
Pristina taz | Als Hashim Thaci, Präsident des Landes, im Mai vorgezogene
Neuwahlen für den 11. Juni ausrief, wähnte sich seine Partei, die
Demokratische Partei Kosvos (PdK), der er lange Jahre vorstand, auf dem Weg
zum Sieg, ist sie doch in den ländlichen Gebieten Kosovos fest verankert.
Doch wenige Tage später ging sie für alle überraschend ein Bündnis mit
ihren ärgsten Feinden ein. Die sich seit Jahren bekämpfenden Exkommandeure
der ehemaligen Befreiungsarmee UÇK bildeten nun eine gemeinsame Wahlliste
für das 120-köpfige Parlament. Der härteste Konkurrent Thacis, der Führer
der „Fortschrittspartei“ AAK, Ramush Haradinaj, soll nun sogar wieder
Ministerpräsident werden. 2005 hatte er als Regierungschef zurücktreten und
sich vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wegen Verbrechen gegen
die Menschlichkeit verantworten müssen. In einem sehr fragwürdigen
Verfahren war er zweimal von den Vorwürfen entlastet worden.
Der ebenfalls der Korruption und Kriegsverbrechen beschuldigte Fatmir Limaj
rundet diese Dreierkoalition der Kommandeure ab. Doch die Öffentlichkeit
reagierte keineswegs positiv. Die Umfragewerte verschlechterten sich. Dazu
kommt, dass der neue internationale Gerichtshof für Kosovo noch in diesem
Jahr seine Arbeit aufnehmen wird. Er wird vor allem den Anschuldigungen
über illegalen Organhandel in Kosovo nachgehen und hat die Exkommandeure im
Visier. Noch weiß niemand, wer von ihnen sich vor Gericht verantworten
werden muss. Nur ein Wahlsieg könnte ihnen Rückhalt verschaffen. Deshalb
der Schulterschluss.
Doch es kommt noch dicker. „Die alte Garde der UÇK hat nicht nur wegen des
Gerichtshofs Angst, die Macht zu verlieren“, sagt der TV-Journalist Birol
Uncam. Zum ersten Mal werde bei dieser Wahl eine Generation an die Wahl
gehen, die nach dem Krieg geboren wurde. Über 60 Prozent der Bevölkerung
Kosovos sei unter 30 Jahre alt. Sie seien zu 70 Prozent arbeitslos und
hätten die „Schnauze voll von diesen ehemaligen Kriegshelden,“ die den
Staat als ihr Eigentum betrachteten.
Die Alternative bei diesen Wahlen wird nicht das zweite Lager der
Altparteien sein – das Bündnis des bisherigen Ministerpräsidenten Isa
Mustafa und seine LDK mit Liberalen und der Partei Alternativa. Die
27-jährige Kulturmanagerin Nita Hasani begründet dies: „Das Problem ist der
Klientelismus. Jede Partei versucht für sich und ihre Anhänger möglichst
viel vom staatlichen Kuchen und den Zuwendungen der internationalen
Gemeinschaft abzubekommen.“
Die wirkliche Alternative sei die Partei „Selbstbestimmung“ des Albin
Kurti. Der 1975 in Prishtina geborene ehemalige Studentenführer, der
jahrelang in einem serbischen Gefängnis saß, wurde erst 2000 aus der Haft
entlassen. Bald schon gründete er die Bewegung Selbstbestimmung
(Vetëvendosje), die junge Leute um sich scharte.
Er kritisierte die Korruption der herrschenden Elite – nicht nur die der
Kosovaren, auch die der UN-Mission. Nach der Unabhängigkeit des Landes 2008
wandelte er seine Bewegung in eine Partei um, die bei den ersten Wahlen auf
Anhieb 12 Prozent der Stimmen erhielt. Ihr erster großer Erfolg war 2013
der Sieg bei den Bürgermeisterwahlen in Prishtina.
Der ehemalige Sprecher der Zivilgesellschaft und Harvardabsolvent Shpend
Ahmeti wurde Bürgermeister. Ihm gelang es, den Wildwuchs der Stadt mit
Planung zu begegnen, das Zentrum zur Fußgängerzone umzuwandeln und das
Verkehrschaos zu beenden. Nicht nur die Exkommandeure befürchten nun, die
Partei Selbstbestimmung könnte mit über 30 Prozent der Stimmen als Siegerin
aus den Wahlen hervorgehen. Das wäre auch ein Schock für die
internationalen Institutionen vor Ort.
9 Jun 2017
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Kosovo
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Balkan
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