# taz.de -- HeidelbergCement in Indonesien: Lebensprinzip vs. Zementfabrik | |
> Eine indonesische Bäuerin wirft dem deutschen Konzern HeidelbergCement | |
> vor, ein wichtiges Ökosystem auf ihrer Heimatinsel Java zu zerstören. | |
Bild: Sieht gar nicht so disruptiv aus, die Rohstoffgewinnung (HeidelbergCement… | |
Berlin taz | Wenn sich die Aktionär*innen von HeidelbergCement am Mittwoch | |
zur Hauptversammlung in der Heidelberger Stadthalle treffen, ist auch die | |
aus Java stammende Bäuerin Gunarti dabei. Sie will nicht nur hören, was | |
Vorstand und Aufsichtsrat des zweitgrößten Zementherstellers der Welt | |
planen, sondern auch selbst das Wort ergreifen. Gunarti, die nur diesen | |
einen Namen hat, kämpft gegen den Bau einer Zementfabrik in ihrer Heimat | |
in Indonesien. | |
Die Aktivistin gehört zu den Sedulur Sikep, was übersetzt die „freundlich | |
Gesinnten“ bedeutet. Die Bäuer*innen leben am Fuß des Kendeng-Gebirges, | |
einer natürlichen Karstlandschaft, die sie und ihre Felder mit Wasser | |
versorgt. Das komplexe Ökosystem speichert Regenwasser und Kohlendioxid, es | |
beherbergt Höhlen, Quellen und unterirdische Flüsse. Genau dort plant die | |
Firma Indocement, die im Mehrheitsbesitz von HeidelbergCement ist, den Bau | |
einer Zementfabrik. | |
Aufgrund ihrer besonderen ökologischen Eigenschaften stehen Karstgebiete in | |
Indonesien eigentlich unter Schutz. Aber 2010 gab die Regierung rund 5.000 | |
Hektar der Karstregion in Pati für die Industrie frei. Dort will Indocement | |
nun Kalkstein abbauen, den es für die Zementherstellung braucht. | |
„Für uns ist die Landwirtschaft nicht nur unsere Einkommensquelle, sondern | |
ein Lebensprinzip“, sagt Gunarti. „Wenn wir keine Bauern mehr sind, sind | |
wir keine Sedulur Sikep mehr.“ Das Unternehmen übe Druck aus und spalte | |
damit die Gemeinden: Einige würden sich durchaus verlocken lassen, Land zu | |
verkaufen, andere wollen das auf keinen Fall. Die Gegner*innen befürchten | |
auch, dass der Abbau des Kalks das Ökosystem durcheinanderbringen und die | |
Wasserversorgung gefährden würde. | |
## HeidelbergCement sieht kein Problem | |
Der Konflikt in Pati stehe stellvertretend für viele andere Konflikte im | |
Land, sagt Yvonne Kunz von der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia. | |
Der Regierung schwebe eine industrielle Entwicklung vor, die viele Menschen | |
bewusst ablehnen. Um auf den Protest gegen die Zementfabrik aufmerksam zu | |
machen, organisierte Watch Indonesia mit der Heinrich-Böll-Stiftung, der | |
Südostasien Informationsstelle und Rettet den Regenwald eine | |
Veranstaltungsreise durch Deutschland. Immer dabei: Gunarti und der | |
Regisseur Dandhy Dwi Laksono, der den Widerstand in seinem Film „Samin vs. | |
Semen“ dokumentiert hat. | |
HeidelbergCement widerspricht den Organisationen. „Der für das Zementwerk | |
geplante Abbau von Rohstoffen wurde auf Regionen beschränkt, die für das | |
Karstsystem nicht relevant sind“, heißt es in einer Pressemitteilung. Im | |
Karstsystem solle „nur deutlich oberhalb des Grundwassers abgebaut | |
werden“. Die Wasserversorgung der Anwohner*innen werde also nicht | |
beeinträchtigt, so das Unternehmen. HeidelbergCement sei überzeugt, „dass | |
das Pati-Projekt umweltverträglich ist und die lokale Bevölkerung vom Bau | |
des Werks profitieren wird“. Auf Nachfragen der taz wollte sich der Konzern | |
nicht äußern. | |
In einem Gegenantrag wird der Verband der Kritischen Aktionäre das | |
Unternehmen auf der Hauptversammlung auffordern, die OECD-Leitsätze für | |
multinationale Unternehmen zu achten, die verantwortliches | |
Unternehmenshandeln definieren. Während Gunarti zu den Aktionär*innen | |
spricht, wollen die NGOs und die Grüne Jugend vor der Stadthalle | |
demonstrieren. | |
10 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Merle Groneweg | |
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