# taz.de -- FAQ zur Sozialwahl 2017: Vertrauen Sie Ihrer Krankenkasse? | |
> Versicherte können mitbestimmen, was ihre Versicherungen so machen. Warum | |
> Sie sich bei der Wahl beteiligen sollen? Krank wird jeder mal. | |
Bild: Augen auf! Mitbestimmung über die Sozialwahl stärkt die Rechte gegenüb… | |
Da kam letztens so ein Umschlag von meiner Krankenkasse ins Haus, | |
„Sozialwahl 2017“ stand fett drauf. Ich dachte, das ist sicher Werbung und | |
habe ihn weggeworfen. Ist das schlimm? | |
In dem Umschlag sind die Wahlunterlagen für die Sozialwahl. Versicherte und | |
Arbeitgeber können so ihre Vertreter in den Parlamenten der Ersatzkassen | |
und der Deutschen Rentenversicherung wählen, der DRV. Bei denen heißt das | |
Vertreterversammlung, bei den Ersatzkassen Verwaltungsrat. Die gesetzliche | |
Sozialversicherung ist laut Sozialgesetzbuch unabhängig vom Staat | |
selbstverwaltet. Wer in die Kasse einzahlt, hat indirekt auch Aufsicht | |
darüber, was dort passiert. | |
Und wer alles darf wählen? | |
Alle, die bei der DRV oder den Ersatzkassen renten- oder krankenversichert | |
sind und am 1. Januar 2017 ihr 16. Lebensjahr vollendet haben. Das sind | |
rund 51 Millionen Menschen. Ihre Nationalität spielt dabei keine Rolle. | |
Auch ausländisch Versicherte und RentnerInnen mit Wohnsitz in Deutschland, | |
den anderen EU-Staaten und Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes und | |
in der Schweiz können wählen. | |
Welche sind das? | |
EU plus Liechtenstein, Norwegen, Island. | |
Und die Schweiz. | |
Und die Schweiz. | |
51 Millionen, das sind doch nicht alle. Was ist mit dem Rest, ist der nicht | |
versichert? | |
Doch, aber nicht alle Versicherten können bei der Sozialwahl ihre Stimme | |
abgeben. Mitglieder der AOK etwa müssen auf die sogenannte Friedenswahl | |
vertrauen. | |
Hä? | |
Ein Euphemismus für „Ihr habt hier nichts zu melden“. Anders als die Urwahl | |
findet die Friedenswahl ohne echten Wahlgang statt. Stattdessen einigen | |
sich Gruppen aus Gewerkschaften, Verbänden und Vereinen vor der Wahl auf | |
Listen, die exakt so viele Bewerber wie Plätze haben und eine Abstimmung | |
überflüssig machen. Das Vorgehen bewerten Kritiker als verfassungswidrig | |
und wenig demokratisch. Das Bundesverfassungsgericht ist da anderer | |
Meinung, es hat die Friedenswahl für zulässig erklärt. | |
Bei der letzten Wahl 2011 haben nur etwa 30 Prozent ihre Stimme abgegeben. | |
So wichtig kann das den Leuten also nicht sein. | |
Die eigene Gesundheit ist jedem wichtig. Vielen ist einfach nicht klar, | |
worum es bei der Wahl geht. Das liegt weniger an den tatsächlichen | |
Kompetenzen der Gremien als daran, was davon nach außen dringt. Man müsste | |
einfach mehr aus den Sitzungen hören, um beurteilen zu können, ob | |
individuelle Anliegen auch diskutiert werden, ob die eigene Stimme wirklich | |
Gewicht hat. Die Träger müssen da für noch mehr Transparenz sorgen. | |
Kriegen diese … äh … wie heißen die überhaupt? | |
Die Vertreter der Versicherten in den Parlamenten? | |
Ja. Kriegen die Geld? | |
Nein, sie arbeiten ehrenamtlich. | |
Wer macht denn da mit? | |
Da sitzen natürlich etliche Rentner drin, weil die viel Zeit haben. | |
Ansonsten möglichst Leute aus verschiedenen Berufen. Die Annahme ist, dass | |
sie der Lebenswelt der Versicherten näherstehen und deren Belange besser | |
nachvollziehen können. Es wird aber verstärkt versucht, auch junge Menschen | |
für die Gremien zu gewinnen, um die Bevölkerung so breit wie möglich | |
repräsentieren zu können. | |
Was genau machen die denn jetzt in den Gremien? Kommen da die Bedürfnisse | |
der Versicherten auch wirklich an? | |
Sie kontrollieren und entscheiden. Sie sagen zum Beispiel, wer in den | |
Vorstand einer Versicherung soll, und bereiten Fusionen mit anderen Kassen | |
vor. Sie beschließen die Satzung und passen auf, das auch alles im | |
Interesse der Versicherten geschieht. Außerdem benennen sie die Mitglieder | |
der Widerspruchsausschüsse, die sich intensiv mit Widersprüchen der | |
Versicherten auseinandersetzen. Als Versicherter kann man widersprechen, | |
wenn die Kasse eine Leistung nicht bewilligt, wenn Behandlungsmethoden wie | |
Akupunktur oder etwa Geburtsvorbereitungskurse nicht erstattet werden. | |
Ungefähr 100 solcher Anfragen werden monatlich bearbeitet. | |
Uff. Das würde ich gerne nochmal in Ruhe nachlesen. | |
Steht alles in der Info-Broschüre der DRV. Sogar mit dem entsprechenden | |
Auszug aus dem Sozialgesetzbuch. Kann man sich für 3,68 Euro holen. | |
Okay. Ich kann auf dem Wahlzettel keine Kandidaten sehen. Woher weiß ich | |
denn, wem ich da meine Stimme gebe? | |
Bei der Sozialwahl wählt man Listen, keine Personen, wie etwa die | |
Direktkandidaten bei der Bundestagswahl. Die Kandidaten treten gemeinsam in | |
Listen an. Je mehr Stimmen eine Liste bei der Wahl erhält, desto mehr Sitze | |
kann diese in den Parlamenten besetzen. Jede Krankenkasse hat eigene | |
Listen, die von Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbänden gestellt werden. | |
Insgesamt 57 verschiedene. Auf der Website der Sozialwahl findet man | |
Informationen zu den Listen, ihren Themen und Schwerpunkten. | |
Da sucht man sich doch blöd. | |
Manche Organisationen haben Websites, auf denen man ihren Kandidaten Fragen | |
stellen kann. | |
Ich schau mal, ob ich den Brief im Papiermüll finde, aber nicht jetzt. | |
Bis 31. Mai kann man noch wählen. Man muss nur sein Kreuz bei einer Liste | |
machen, wenn man bei der DRV und einer Ersatzkasse ist. Zwei Kreuze. Also | |
jeweils eines. | |
Kann man nicht auch online wählen? Ich will nicht zu irgendeiner Wahlurne | |
rennen. | |
Das geht nicht, wird aber schon länger diskutiert und soll beim nächsten | |
Mal 2023 möglich sein. Aber die Sozialwahl ist eh eine Briefwahl. Du | |
kannst den Wahlzettel einfach in einen der 100.000 Briefkästen der Post | |
werfen. | |
Muss ich auch noch Porto zahlen? | |
Nein, das übernimmt der Empfänger. Der Versand macht auch den Großteil der | |
Kosten für die 50 Millionen Euro teure Wahl aus. | |
14 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Lorenz Horn | |
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