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# taz.de -- Delmenhorster Mieter auf dem Trockenen: Stadtwerke dürfen Wasser a…
> Seit einer Woche ist in zwei Wohnblocks im Delmenhorster Wollepark das
> Gas abgedreht. Seit gestern dürfen die Stadtwerke auch das Wasser wieder
> abstellen
Bild: Vernachlässigte Wohnblocks: Im Wollepark müssen die Mieter die Verfehlu…
Die Stadtwerke Delmenhorst dürfen wieder das Wasser abstellen – in zwei
achtstöckigen Wohnblocks, die zum Komplex Wollepark gehören. Vor vier
Wochen hatte das Gericht eine entsprechende Maßnahme gestoppt, dem
Widerspruch der Stadtwerke gestern aber dennoch stattgegeben. Die
kommunalen Stadtwerke wollen aber zunächst nicht so weit gehen, wie die
Sprecherin gestern mitteilte, sondern in der kommenden Woche das Gespräch
mit Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) suchen. Denn die Häuser Wollepark 11
und 12 sind in Delmenhorst zum kommunalen Topthema geworden.
Vor vier Wochen hatte Wohnungsverwalter Mehmet Erdem vor Gericht
versichert, er habe just an dem Morgen vor dem Gerichtstermin 100.000 Euro
eingezahlt. Bis Ende April war das Geld aber nirgends angekommen und der
Hausverwalter konnte auch keine Belege vorweisen. Die offene Wasserrechnung
beläuft sich inzwischen auf rund 50.000 Euro, hinzu kommen rund 80.000 Euro
für offene Gasrechnungen. Vor zwei Jahren hatte die Stadt schon 80.000 Euro
für offene Wasser- und Gasrechnungen übernommen und versucht neuerdings,
dieses Geld per Gericht bei den Eigentümern einzutreiben.
Bereits am 28. April hatten die Stadtwerke in den beiden Wohnblöcken das
Gas abgestellt. Seitdem sind dort die Heizkörper kalt und es gibt kein
warmes Wasser. Die Bewohner behelfen sich mit Strom. Der ist nicht
abgestellt, weil er direkt von den Mietern gezahlt wird. Wasser und Gas
laufen derweil über einen zentralen Zähler, das bedeutet: Die Pauschalen
müssen an die Eigentümer bezahlt werden – davon gibt es aber 70
verschiedene. Die Eigentümer müssten das Geld an den Wohnungsverwalter
weitergeben und der wiederum an die Stadtwerke. Irgendwo zwischen
Eigentümern und Verwalter scheint das Geld zu versickern oder eingesackt zu
werden, sodass Oberbürgermeister Axel Jahnz von „kriminellen Vermietern“
gesprochen hat. Der Großfamilie Erdem gehört knapp die Hälfte der
Wohnungen.
Eine Mieterin, die mit ihren sechs Kindern im achten Stock dort wohnt, hat
gegenüber der taz erklärt, zwei Männer seien Ende April an der Tür
aufgetaucht und hätten erklärt, sie wollten Geld für mehrere Monate bar
kassieren. Allerdings zahlt das Jobcenter Miete und Nebenkosten für sie
direkt an den Besitzer. Mit einem Besenstil habe sie die Männer vertrieben,
sagt die Frau.
Mümin Mercan, einer der Eigentümer, war bei der Gasabstellung zu den
Wohnblocks gekommen. Er habe die Nebenkosten immer bezahlt, beteuert er,
zuletzt an Verwalter Erdem. Seit einem Jahr erst sei dieser der Verwalter –
offenbar habe der keinen Überblick und auch nicht geahnt, auf was er sich
da einlässt. Manche der Eigentümer würden gar keine Nebenkosten an den
Verwalter überweisen, das sei das Problem. Warum der Verwalter seit einem
Jahr nicht wenigstens die Nebenkosten, die er bekommt, an die Stadtwerke
weiterleitet, dafür hat Eigentümer Mercan allerdings keine Erklärung.
Verklagen will Mercan ihn deswegen aber nicht.
In den frühen 1970er-Jahren waren die Wohnblocks für Arbeiter der Nordwolle
gebaut worden, die bis 1981 direkt nebenan produzierte. Mercan hat seine
Wohnung 1996 gekauft, zehn Jahre dort selbst gewohnt. Dann begann die Zeit,
in der die Hausverwaltungen immer wieder wechselten. Sie hießen etwa Dr.
Huth aus Berlin oder Ralf Thielmann aus Bonn.
Aus der Ferne haben sie sich immer weniger um die Wohnanlagen gekümmert, so
Eigentümer Mercan. Die Häuser seien sichtlich verkommen. Schließlich seien
immer mehr Familien aus Bulgarien, Polen und Rumänien eingezogen.
Die Polizei betrachtet die Wohnblocks inzwischen als einen kriminellen
Gefahrenort. Dutzende der Bewohner sind „polizeibekannt“, bei einer Razzia
vor einigen Wochen traf die Polizei auf zwei Männer, gegen die ein
Haftbefehl vorlag.
Als vergangene Woche die Bagger anrückten, um benachbarte Wohnblocks
abzureißen, machte Oberbürgermeister Jahnz klar, dass er am liebsten auch
die beiden Problemblöcke abreißen lassen würde. Vielleicht ist es eine Art
Strategie der Stadtwerke, den Eigentümern die Lust an ihren Wohnungen
auszutreiben. Wenn dann noch das Wasser abgestellt wird, könnten die Blocks
binnen Kurzem unbewohnbar werden.
Die Stadt hat dem Gericht versichert, sie würden jedem, der ausziehen
wolle, eine Ersatzwohnung anbieten.
4 May 2017
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Gas
Wasser
Abriss
Miete
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Delmenhorst
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