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# taz.de -- Reform des Leipziger Journalistik-Masters: Die Schule brennt
> Der renommierte Studiengang in Leipzig ist zuletzt immer mehr
> zusammengeschrumpft. Jetzt will die Uni Konsequenzen ziehen.
Bild: NachwuchsjournalistInnen im Leipziger Studiengang. Zuletzt wurde immer me…
Leipzig taz | Der Studiengang Journalistik war einmal Aushängeschild der
Universität Leipzig, galt als renommierteste akademische
Journalistenausbildung Deutschlands. Vorige Woche zog die Uni die
Notbremse: Immatrikulationsstopp. Im Wintersemester wird der Studiengang
ausgesetzt. Vorübergehend, heißt es.
„Wir können den aktuellen Studiengang nicht guten Gewissens einfach
weiterlaufen lassen – das würde die traditionsreiche Journalistikausbildung
in Leipzig wirklich gefährden“, so Dekan Roger Berger. Der Rückgang der
Bewerberzahlen war zuletzt alarmierend: von 251 im Jahr 2014 auf 127 in
2016.
„Im Studiengang hat sich eine extreme Unzufriedenheit geäußert. Daraufhin
ist von der Abteilung Journalistik nichts unternommen worden“, sagt
Studiendekan Thomas Kater der taz. Deshalb habe nun die Fakultät
eingegriffen.
Kater bezieht sich auf den Lehrbericht für das Jahr 2014/15, in dem
Studierende und Lehrende zur Situation des Studiengangs befragt wurden. Der
interne Bericht, der der taz vorliegt, kritisiert wiederholt „erhebliche
Einschnitte“ beim Personal, weswegen der Studiengang schon einmal von 44
auf 30 Studierende verkleinert werden musste. Und doch ging der
Personalabbau weiter. Im Bericht heißt es: „Damit ist die Abteilung
Journalistik hinsichtlich ihrer Personalkapazitäten längst an der untersten
Grenze dessen angelangt, womit künftig der Lehrbetrieb aufrechterhalten
werden kann.“
Die Personalkürzungen haben zu erheblichem Druck auf die verbleibenden
Mitarbeiter geführt: Während früher zwei Professoren, ein Hochschuldozent
und 6,5 Mitarbeiterstellen den Studiengang bestritten, sind heute ein
Professor und 2,5 Mitarbeiterstellen übrig.
## Die Suche nach dem Verantwortlichen
Marcel Machill, letzter verbliebener Professor und Abteilungsleiter der
Journalistik, kritisiert den Immatrikulationsstopp als „unverantwortlich“:
Die Probleme im Studiengang seien lange bekannt. „Es wird argumentiert,
dass der Studiengang unattraktiv wird. Kein Wunder, wenn man ein solches
Fach über Jahre hinweg kaputtspart.“ Die Folgen: „Miese Stimmung, unter
Studierenden wie unter uns Lehrenden.“
Studiendekan Kater wiederum sieht die Schuld bei Machill. Der Blog Flurfunk
Dresden fragte Kater vergangene Woche, ob seine Einschätzungen als Kritik
am Verantwortlichen der Abteilung Journalistik verstanden werden könne,
Antwort: „Ja, das kann man so interpretieren.“
Machill war nicht dabei, als der Fakultätsrat den Immatrikulationsstopp
beschloss. Er sei erst von der Presseabteilung über die Entscheidung
informiert worden. Die Reformkommission für seine Abteilung wird auch nicht
er, sondern Kater leiten.„Es ist ein offenes Geheimnis, dass für die
schlechte Stimmung sowohl unter den Studierenden als auch unter den
Mitarbeitern Machill verantwortlich ist“, sagt eine Studentin. Mit Namen
will sie nicht genannt werden: „Natürlich wollen wir anonym bleiben“, sagt
ein Student, „Studierende wie Mitarbeitende sind in einem
Abhängigkeitsverhältnis. Machill sitzt hier an allen entscheidenden
Stellen.“ 19 Studierende müssen in diesem Jahr noch ihre Abschlussarbeit
bei ihm schreiben.
Marcel Machill verkörpert für viele die Konflikte, die schon länger im
Studiengang brodeln. Vor einigen Jahren verklagte er einen Studenten wegen
Urheberrechtsverletzung, weil der ein vergriffenes Buch des Professors
eingescannt und seinen Kommilitonen zur Verfügung gestellt hatte. Der
Streit wurde in den Medien ausgetragen. „Heute würde ich das nicht mehr
machen“, sagt Machill.
Machill sieht sich indes als Buhmann, der jetzt für viele Probleme
verantwortlich gemacht werde, nachdem er selbst seit Langem auf die
missliche Personalsituation hingewiesen habe. Die akademische Ausbildung
von Journalisten stehe unter Beschuss. „Wenn es nicht darum geht, der
Journalistik zu schaden, kann es auch darum gehen, mir als Person zu
schaden“, so Machill. Heißt das, dass man ihn rausekeln will? „Kann man ja
nicht.“
2 May 2017
## AUTOREN
Helke Ellersiek
## TAGS
Journalismus
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Leipzig
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nun schlichten.
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