# taz.de -- Inhaftierte Journalisten in der Türkei: Justiz für lange Haftstra… | |
> 19 Journalisten der „Cumhuriyet“ sitzen seit fünf Monaten im Gefängnis … | |
> der Türkei. Die Staatsanwaltschaft legte nun eine neue Anklageschrift | |
> vor. | |
Bild: Can Dündar, Chefredakteur der „Cumhuriyet“, lebt im Exil in Deutschl… | |
ISTANBUL AFP | Fünf Monate nach der Inhaftierung von Journalisten [1][der | |
regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet] hat die türkische | |
Staatsanwaltschaft am Dienstag die Anklageschrift vorgelegt und darin lange | |
Haftstrafen gefordert. Den 19 Journalisten und Mitarbeitern der Zeitung, | |
die seit Ende Oktober in Haft sitzen, warf die Anklagebehörde Unterstützung | |
der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vor. | |
Cumhuriyet ist die älteste Zeitung der Türkei und zählt zu den | |
entschiedensten Kritikern des islamisch-konservativen Präsidenten Recep | |
Tayyip Erdogan. Vor dem Referendum über die Einführung eines | |
Präsidialsystems am 16. April ist sie eine der letzten unabhängigen Medien | |
in der Türkei. Der Regierung ist sie schon lange ein Dorn im Auge. | |
Der frühere Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar wurde vergangenes Jahr | |
wegen eines Berichts über geheime Waffenlieferungen des türkischen | |
Geheimdiensts an islamistische Rebellen in Syrien zu fast sechs Jahren Haft | |
verurteilt. Heute lebt er im Exil in Deutschland. Für Dündar forderte die | |
Istanbuler Staatsanwaltschaft nun 15 Jahre Haft. | |
Sie bezichtigte Cumhuriyet, seit 2013 unter Kontrolle von Gülen zu stehen. | |
Der Prediger wird in der Türkei für den gescheiterten Militärputsch vom 15. | |
Juli 2016 verantwortlich gemacht. Zugleich wird der kemalistischen Zeitung | |
in der Anklageschrift vorgeworfen, mit der verbotenen Arbeiterpartei | |
Kurdistans (PKK) und linksradikalen Gruppen zu kooperieren. | |
Cumhuriyet hat die Vorwürfe immer wieder zurückgewiesen und daran erinnert, | |
dass sie die Gülen-Bewegung bereits kritisiert habe, als die regierende | |
AK-Partei noch mit ihr verbündet war. Unter den inhaftierten Journalisten | |
sind der Chefredakteur Murat Sabuncu, der Kolumnist Kadri Gürsel, der | |
Karikaturist Musa Kart und der Investigativjournalist Ahmet Sik. | |
## Deniz Yücel ruft zu Abos auf | |
Für Sik, der mit einem Enthüllungsbuch über die Gülen-Bewegung für Aufsehen | |
sorgte, forderte die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft. Auch für Sabuncu und | |
Gürsel beantragte sie bis zu 15 Jahre Haft, während der Vorsitzende der | |
Cumhuriyet-Stiftung, Akin Atalay, bis zu 43 Jahren ins Gefängnis soll und | |
der Karikaturist Kart 29 Jahre. | |
Dündar kritisierte die Anklage in einer Erklärung [2][in seinem Webmagazin | |
„Özgürüz“]. „Wie kann ein Staatsanwalt über die redaktionelle Politik… | |
Zeitung urteilen?“, fragte Dündar. Er erinnerte daran, dass Cumhuriyet | |
schon lange vor der Gülen-Bewegung gewarnt habe. Die Anklage werde in | |
seinen Artikeln keinerlei Beweis für ihre Vorwürfe finden, sagte er. | |
Der inhaftierte Welt-Korrespondent Deniz Yücel rief derweil in einer | |
Mitteilung aus dem Gefängnis dazu auf, Cumhuriyet und die beiden | |
regierungskritischen Zeitungen Evrensel und Birgün zu abonnieren, um die | |
Pressefreiheit in der Türkei zu unterstützen. Yücel sitzt genauso wie die | |
Cumhuriyet-Journalisten im Gefängnis in Silivri ein. | |
[3][Laut der Website P24] sind in der Türkei derzeit 141 Journalisten | |
inhaftiert. Cumhuriyet druckt seit der Festnahme ihrer Mitarbeiter Ende | |
Oktober jeden Tag ihre Fotos auf ihre Titelseite. Die Stellen, an denen | |
ihre Kolumnen erschienen, lässt das Blatt seitdem weiß. | |
5 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.cumhuriyet.com.tr/ | |
[2] https://ozguruz.org/de/ozguruz-de/ | |
[3] http://platform24.org/ | |
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