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# taz.de -- Studienautor zum UN-Entwicklungsreport: „Das ist ein Jammer“
> Frauen profitieren weniger stark vom Fortschritt als Männer, sagt Selim
> Jahan. Dafür sorgen etwa diskriminierende Gesetze.
Bild: Frauen besitzen nur neun Prozent Grund und Boden, auf dem sie landwirtsch…
taz: Herr Jahan, der UN-Bericht über die menschliche Entwicklung macht auf
die Menschen aufmerksam, die von der Entwicklung nicht profitieren wie
andere. Wen betrifft das?
Selim Jahan: Das sind Frauen und Mädchen, Indigene, ethnische Minderheiten,
Menschen mit Behinderungen, Migranten und Flüchtlinge sowie die
LGBTI-Community. Es mag andere marginalisierte Gruppen geben, aber das sind
diejenigen, die fast überall herausstechen.
Frauen bilden die größte Gruppe. Wie der Report zeigt, gehen sie meist
genauso lang zur Schule wie Männer, sie haben in fast allen Ländern eine
längere Lebenserwartung. Woher also die Unterschiede?
Erstens bestehen immer noch in vielen Ländern diskriminierende Gesetze. Es
gibt 18 Länder, in denen Frauen die Erlaubnis ihres Ehemanns brauchen, um
zu arbeiten. Zweitens gibt es soziale Normen und Werte, die gegen Frauen
gehen. In vielen Ländern sind Kinderehen immer noch verbreitet. Jedes Jahr
heiraten 15 Millionen Mädchen unter 18 Jahren. Umgerechnet ist das eine
Kinderbraut alle zwei Sekunden! Außerdem machen Frauen die meiste
landwirtschaftliche Arbeit, besitzen aber weltweit nur 9 Prozent des Lands,
auf dem sie arbeiten. Auch die politische Vertretung von Frauen ist
teilweise niedrig. Was die Einkünfte betrifft, verdienen Frauen weltweit
gesehen nur 23 Prozent von dem, was Männer verdienen.
In Deutschland verdienen Frauen im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer.
Also betrifft die Lücke nicht nur Entwicklungsländer?
Absolut. Und ein anderer Punkt ist: Diese Lücke ist nicht beschränkt auf
ungelernte Arbeit. Bei Führungskräften in Lateinamerika etwa verdienen
Frauen 32 Prozent weniger als ihre männlichen Pendants.
Was können die Länder dagegen tun?
Absolventen aus Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik,
die sogenannten STEM-Absolventen, werden in der Arbeitswelt bessere Chancen
haben. Frauen machen dabei nur 20 Prozent aus. Bleibt das so, werden sie in
der Arbeitswelt weiter diskriminiert. Die STEM-Ausbildung für Mädchen muss
ausgebaut werden. Wir haben auch gesehen, dass aktive Förderung wie
Frauenquoten funktioniert. Zu guter Letzt ist die politische Vertretung
wichtig – nicht nur im Parlament, sondern auch auf der lokalen Ebene. Denn
viele Unterschiede und Möglichkeiten werden dort geschaffen.
In Sachen Teilhabe sprechen Sie im Bericht ein Positivbeispiel an: die
Friedensverhandlungen in Kolumbien. Ein Drittel der Teilnehmer waren
Frauen. Was ändert sich, wenn sie mit am Tisch sitzen?
In der Geschichte haben wir gesehen, dass Frauen einen konstruktiven Zugang
zu Konflikten haben, dass sie die langfristige Perspektive im Blick haben,
versuchen zu verhandeln und eine Lösung für das Problem zu finden. Trotzdem
sind nur 9 Prozent der Friedensverhandler weltweit Frauen. Das ist ein
Jammer. Die internationale Gemeinschaft sollte Maßnahmen ergreifen, dass
Frauen dort besser vertreten sind.
28 Mar 2017
## AUTOREN
Eva Oer
## TAGS
Entwicklungszusammenarbeit
Vereinte Nationen
Equal Pay Day
Gleichberechtigung
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