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# taz.de -- Kolumne Politik von unten: Inhaltliches Rüpeln und Augenzwinkern
> Es pisste mich einfach an, wie die Debatte über unseren Wohlstand und den
> "freien Welthandel" verstummte, als Köhler zurücktrat. Spätnachts schrieb
> ich dann die Köhler-Satrieseite.
Bild: Die Satireseite zu Köhlers Rücktritt löste eine Twitter-Lawine aus.
Auf der Unternehmensseite [1][www.horst-koehler-consulting.de] bietet unser
Ex-Präsident seine Expertise in der Außenpolitik an. Ich schrieb diese
Seite spätnachts nach einem Kneipengang, um augenzwinkernd und zuprostend
gegen das politische Klima zu rüpeln. Die Seite hat mehr ins Rollen
gebracht, als ich erwartet habe: Sieben Stunden nachdem sie online war,
erfuhr ich verkatert, dass Twitter-Lawinen und massenhafte Zugriffe den
Server meines Providers fast zusammenbrechen ließen.
Ständig klingelte mein Telefon, JournalistInnen fragten mich nach meinen
Motiven, mein E-Mail-Postfach wurde überflutet. Sogar ein
Köhler-begeisterter Verwaltungsbeamter pöbelte zurück, schickte Abmahnungen
an meinen Provider. Ein gelungener Fake, all mein Respekt, wir wären fast
auf ihn hereingefallen - denn er schrieb aus dem Bundesverwaltungsamt und
vergaß, seinen Brief als Satire zu kennzeichnen. Schade drum, die
Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen ihn.
Doch all dieses Trara lässt schnell vergessen, worum es eigentlich ging.
Ich ziehe mir gern meine beige Korinthenkackermütze und weiße Tennissocken
an und rufe zum Pöbeln auf. Lasst uns die politische Debatte, die Köhler
mit seinem Bandwurmsatz zur Aufgabe des Militärs in Afghanistan angestoßen
hatte, fortführen.
Es pisst mich an, wie die verstummte, als er zurücktrat: kein Wort mehr von
der historischen Entstehung politischer Grenzen und deren Zusammenhang mit
nationalem Außenhandel. Kein Wort davon, dass immer mehr Menschen glauben,
dass Wachstum per se notwendig sei, es national geschützt und notfalls mit
militärischen Mitteln verteidigt werden müsse.
Über die Jahre wurde die Bundeswehr von einer kleinen Verteidigungsarmee zu
einer Interventionsarmee. Wieso ihre Soldaten dann ermuntert werden, mit
Wumme und deutschem Pass nach Somalia zu robben, um "den freien und
ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern", wie
es hochamtlich im Weißbuch zur Bundeswehr steht, kann kein Papa überzeugend
erklären.
Die Zusammenhänge sind komplex. Ich verstehe das alles nicht auf Anhieb und
bin dankbar, wenn ein Präsident, genauso verwirrt wie ich, das in die Welt
posaunt und damit die Debatte über eine solche Wirklichkeit entfacht.
Doch die Frage nach der Aufgabe der Bundeswehr im Ausland wurde durch
seinen Rücktritt abgewürgt. Diese Egomanie von Köhler und Konsorten
überschattet politische Inhalte. Wir sollten uns selbst nicht zu ernst
nehmen. Politische Inhalte aber schon.
12 Jun 2010
## LINKS
[1] http://www.horst-koehler-consulting.de
## AUTOREN
Jean Peters
## TAGS
Politik von unten
Horst Köhler
Rücktritt
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