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# taz.de -- Serie zur Alt-Right-Bewegung (3/3): „Hier geschehen große Dinge!…
> Wer legte Neonazis die Unterstützung Donald Trumps nahe? Die Plattform
> „Breitbart“ und Stephen Bannon waren nicht die Einzigen.
Bild: Mitglieder des National Socialist Movement und des Ku Klux Klan bei einer…
Bis zur Nominierung von Donald Trump zum Kandidaten der Republikaner am 21.
Juli 2016 bleibt sein Verhältnis zu den White Supremacists merkwürdig
unklar. Die Extremisten preisen ihn als weiße Hoffnung, verteidigen ihn
verbissen und blenden bewusst alles aus, was Sympathien des New Yorker
Milliardärs für Rassisten und Neonazis eher unwahrscheinlich erscheinen
lässt.
„Trump hat verstanden, dass er ohne sie nicht gewinnen kann“, sagt mir
David Duke dazu, während er sein Lieblingsfrühstück Austern mit Milchkaffee
zu sich nimmt. „Aber ich glaube, dass er die Juden hasst.“
The Donald seinerseits sagt im Februar 2016 vor den Kameras von CNN, dass
er überhaupt keine White Supremacists kenne – und einen David Duke schon
gar nicht. Bei einer erneuten Pressefrage einige Tage später sagt er dann:
„Wer unterstützt mich, David Duke? Ich lehne das ab, okay?“ Doch die
Vorwahlen haben Trump und seinem Team gezeigt: Das Potenzial der
Rechtsextremisten geht weit über ein paar Tweets und Videos hinaus.
„Man kann den Rechtsextremismus nicht erklären, wenn man ihn nicht als
soziales Phänomen analysiert“, sagt der Politologe und Experte für
US-Rechtsextremismus Thomas Grumke von der Fachhochschule für öffentliche
Verwaltung Nordrhein-Westfalen. „Diese Bewegung besteht im Kern aus
Full-Time-Aktivisten, die nichts anderes tun als organisieren,
veröffentlichen und neue Anhänger rekrutieren. Dann gibt es den Kreis der
direkten Unterstützer, sie nehmen an den Demonstrationen teil, sind bei
allen Meetings präsent, sind online und offline aktiv. Zu ihnen kommen die
Sympathisanten, die ab und an sich an Aktionen beteiligen – und schließlich
die Masse der stillen Unterstützer. Über sie wissen wir am wenigsten.“
Das sind unsere Nachbarn und Arbeitskollegen, die im Internet Bestätigung
für ihre Ängste und ihre Frustration über eine sich ja tatsächlich ändernde
Gesellschaft finden. Die würden sich nie Nazis nennen, liken oder retweeten
aber Beiträge, die hinter dem Phänomen der Migration ein jüdisches Komplott
am Werk sehen.
Steve Bannon, Trumps Guru und Kampagnenmanager, hat das Potenzial dieser
verdrucksten Faszination für die Nazis 2.0 begriffen. Ehemals
Hollywood-Produzent und Goldman-Sachs-Mann, scheint Bannon nicht der
geborene Naziführer zu sein: Für Leute wie Duke oder Heimbach ist Goldman
Sachs die Zentrale des Zionismus und Hollywood ihr Propagandaministerium.
Auch ein paar antisemitische Bemerkungen Bannons, so ekelhaft sie auch
sind, lassen ihn nicht unbedingt kompatibel mit einem fanatischen
Judenhasser wie David Duke erscheinen.
In der Tat sind es genau die übelsten US-Nazis, die sehr überrascht sind,
als Bannon als Chef von Breitbart eben dieses Internetportal zur Plattform
der Alt-Right-Bewegung erklärt – erst damit werden Heimbach, Schoep,
Spencer überhaupt für die Medien zu den Alt-Rightern! Dazu passt, dass ich
bei allen Treffen mit Neo-Nazis in den USA und Europa das Wort „alt-right“
nie gehört habe. Es funktioniert wie eine geniale Einladung an die
Rechtsextremisten, Teil von etwas Größerem und Neuem zu werden, endlich
rauszukommen aus der Schmuddelecke und die Naziideologie ins Zentrum des
Diskurses zu überführen.
Doch Breitbart und Bannon sind nicht die Einzigen, die den Neonazis die
Unterstützung Trumps nahelegen. Unmittelbar nach Trumps Wahl zum Kandidaten
Ende Juli 2016 rufe ich Duke an: „Hier geschehen gerade große Dinge“,
schreit er aufgeregt ins Telefon, „ich bin mitten in einer Riesenkampagne.
Wann kommst du vorbei?“
Ich komme, mit einer ukrainischen Kameraassistentin. Vor dem bescheidenen
Haus in einer Gated Community in Mandeville sitzen drei Männer, sie rauchen
und scherzen. Ich erkenne Dukes Schwager und Patrick Slattery, der die
News-Spalte auf davidduke.com betreut. Die dritte Person stellt sich als
Mike Lawrence vor, damals Kampagnenmanager Dukes, der stolz seinen Porsche
präsentiert. Drinnen sitzt David Duke vor dem Rechner. Die Wohnung ist
verdreckt, der Tisch liegt voller Vitaminpillen und leerer
Energydrinkdosen. Auf dem Boden stehen offene Kartons mit Basecaps
„Trump-Duke“ und Spruchbändern „David Duke for Senate“.
## Freunde in Kiew und im Kreml
Das hier ist also die „big campaign“? Ich frage nach den nächsten
Veranstaltungen, niemand kann mir eine Antwort geben. Erst als ich meine
Assistentin vorstelle, kommt Leben in die „Zentrale“. Dukes erste Frage
ist: „Bist du Jüdin oder Christin?“ Dann zählt er all sein Freunde in Kiew
und im Kreml auf: „Dugin, do you know Alexander Dugin?“
Als Duke im Mai 2004 aus dem Gefängnis kommt, will er raus aus den USA.
2005 ist er in der Ukraine, wo er an der antisemitischen Kaderschmiede MAUP
University seinen Doktor macht, Titel der Abschlussarbeit: „Der Zionismus
als größte Bedrohung für die Menschheit“. Duke lehrt ein paar Monate an der
„Ukraine University of Hate“, wie sie von der Anti-Defamation League
genannt wird, dann geht er nach Moskau. Dort aber ist nichts mehr wie bei
seinem ersten Aufenthalt in den 1990ern. „Die Leute, die meine Immobilien
verwalten sollten, haben mich betrogen.“
Der neue Duke ist ein einsamer Mann, dem sein Nazi-Ruf zwar noch eine
Einladung ins Syrien Baschar al-Assads einbringt und eine
Holocaust-Leugner-Tour mit den Stationen Teheran, Tschechien, Ungarn,
Spanien und Deutschland, der aber politisch nichts bewegen kann. In Moskau
muss er sich nun den russischen Ultranationalisten anbiedern statt selbst
nachgefragt zu sein. Viele US-Nazis strömen jetzt nach Moskau zu Workshops
und Konferenzen, sie werden zu Verteidigern des russischen Nationalismus
und seines Helden Alexander Geljewitsch Dugin, Berater von Präsident Putin
und Chefideologe des „Neo-Eurasimus“.
Sein Ziel: Ein ethnisch „reines“, weißes Imperium von Wladiwostok bis
Dublin mit Russland als Hegemon. US-Nazi Mathew Heimbach drückt seine
Verehrung für den neuen Rasputin mir gegenüber so aus: „Ich bin ein großer
Fan von Professor Dugin. Seine Bücher sind Pflichtlektüre für alle Anführer
in unserer Partei. Ich bin sehr stolz darauf, dass vor jedem Meeting
unserer Partei eine Rede Professor Dugins abgespielt wird und dass wir auf
diese Weise unsere Solidarität mit den asiatischen Kameraden zum Ausdruck
bringen.“
## Drinnen alles surreal
Dukes Kandidatur für den US-Senat als Nachfolger für den Republikaner David
Vitter sorgt allgemein für Empörung. Doch der Unterstützung durch immer
neue Netzmedien tut das keinen Abbruch. Eines davon ist RedIce.tv der
Russoamerikanerin Lana Loktef und des Schweden Fredrik Palmgren. Wenn
Breitbart das coole Gesicht der Alt-Righter ist, wird RedIce zur Plattform,
wo der weiße Hass sich ganz offen ausleben kann – und wo die Größe Putins
gepriesen wird.
Zum letzten Mal treffe ich David Duke am 2. November 2016, sechs Tage vor
der Wahl. Allen Umfragen zum Trotz ist es ihm gelungen, die 5-Prozent-Hürde
bei den Vorwahlen zu überschreiten. So darf er an der letzten TV-Debatte
der Kandidaten Louisianas für den US-Senat teilnehmen. Zu Dukes Missfallen
findet die Debatte in der Dillard-Universität statt, der „Black Historical
University“. 150 Aktivisten protestieren gegen den ehemaligen KKK-Chef und
versuchen sich Eintritt zu verschaffen. Die Campus-Polizei setzt
Pfefferspray ein, sechs Demonstranten werden verhaftet.
Drinnen ist alles surreal. Jeder Kandidat sagt, wie unerträglich es für ihn
sei, mit einem Nazi auf dem Podium zu sitzen. Duke hingegen keift gegen
alle, den Moderator inbegriffen, und erklärt sich zum einzig wahren
Trump-Unterstützer. Am Schluss stürmt er auch noch in den Pressesaal und
schreit rum. Dann flüchtet er und gibt auf dem Rücksitz seines Autos
RedIce.tv ein Liveinterview, in dem er seinen Triumph feiert. Der Rest ist
Geschichte. Am 8. November 2016 wird Trump zum Präsidenten gewählt, David
Duke bekommt 3 Prozent der Stimmen, aber 193.000 Dollar
Wahlkampfkostenerstattung, von denen mindestens 50.000 in seiner Tasche
landen. Überall in den USA brennen Kreuze, auch wenn sich kein Vertreter
der Szene in der Trump-Administration finden wird.
Aber das war von Anfang an klar, wenigstens für die Extremisten. Für Duke
ist es der wohl letzte Versuch gewesen, die Zukunft der Bewegung sehen
viele im jungen Heimbach verkörpert. Der sagt: „Der Westen ist auf dem
absteigenden Ast, er wird untergehen. Und aus seiner Asche wird nur einer
wie ein Phoenix aufsteigen: wir.“
Aus dem Italienischen von Ambros Waibel
Lesen Sie hier [1][Teil 1] und [2][Teil 2] der Serie über die
Alt-Right-Bewegung.
19 Feb 2017
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## AUTOREN
Riccardo valsecchi
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