# taz.de -- Podemos-Parteitag in Spanien: Chef Iglesias setzt sich durch | |
> Im Richtungsstreit um den künftigen Kurs der Podemos siegt | |
> Generalsekretär Pablo Iglesias über seinen Gegenspieler Iñigo Errejón. | |
Bild: Da waren sie noch zusammen bester Laune: Iñigo Errejón (l.) und Pablo I… | |
Madrid taz | Mit „Einheit und Demut“ werde er Podemos künftig führen, | |
beteuerte der alte und neue Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias auf dem | |
zweiten Parteitag nach seiner Wiederwahl. Von den 155.190 per Internet | |
abgegebenen Stimmen erhielt er rund 82 Prozent. Der Rest enthielt sich oder | |
stimmte für einen wenig bekannten Gegenkandidaten. | |
Bei den Wahlen zum Parteivorstand entfielen auf die Liste um Iglesias 50,8 | |
Prozent. Der Generalsekretär hat damit – dank eines nicht proportionalen | |
Wahlsystems – 60 Prozent der 62 Vorstandsmitglieder hinter sich. Auch bei | |
Abstimmungen über die künftige Politik, die Organisationsstruktur und die | |
Gleichstellung innerhalb der Partei setzte sich Iglesias deutlich gegen die | |
andere starke Strömung um den Politsekretär Iñigo Errejón durch. | |
Die Anhänger Errejóns werden nur 37 Prozent des Parteivorstands einnehmen. | |
Dritter im Bund sind die trotzkistisch beeinflussten „Antikapitalisten“ | |
rund um den Europaabgeordneten Miguel Urbán. Sie erhielten 13 Prozent der | |
Stimmen, aber aufgrund des Wahlsystems nur 3 Prozent der Sitze. | |
„Einheit und Demut, um die Partido Popular zu besiegen, um in noch mehr | |
Rathäusern, in autonomen Regionen und in Spanien zu regieren“, rief | |
Iglesias unter dem Jubel der 7.000 Besucher des Parteitages in einer | |
überdachten Stierkampfarena in Madrid. Wie diese Einheit aussehen wird, ob | |
er die unterlegenen Strömungen und vor allem seinen ehemaligen Freund und | |
nun erbittertsten Gegner, die bisherige Nummer zwei Errejón, erneut in die | |
Führungsspitze integrieren wird, darüber schwieg sich der Generalsekretär | |
aus. | |
## Drohung mit Rücktritt | |
Iglesias hatte in der Woche vor dem Parteitag Errejón mehrfach vorgeworfen, | |
aus Podemos eine neue sozialdemokratische Partei machen zu wollen. Für den | |
Fall, dass seine Vorschläge nicht angenommen würde, drohte Iglesias mit | |
seinem Rücktritt als Generalsekretär und der Niederlegung seines | |
Parlamentsmandats. | |
Vereinfacht gesagt geht es beim Streit „Pablistas“ gegen „Errejonistas“ | |
darum, ob Podemos sich als Teil eines breiten Linksblocks definiert oder | |
als Bewegung jenseits politischer Richtungen. Wochenlang hatten sich | |
Iglesias und Errejón und ihre Anhänger wilde Debatten über den künftigen | |
Kurs geliefert. | |
Auf dem „Bürgerversammlungen“ genannten Parteitag selbst wurde weder | |
debattiert noch abgestimmt. Sämtliche Entscheidungen fielen in | |
Online-Abstimmungen. Der Parteitag glich einem großem Meeting, in dem einer | |
nach dem anderen auftrat, um Programme und Kandidaturen zu verteidigen. | |
Sowohl Iglesias als auch Errejón hielten Reden, als wären sie auf einem | |
Wahlkampfmeeting. Nur wer zwischen den Zeilen zu lesen vermochte, konnte | |
die Unterschiede zwischen ihnen ausmachen. Iglesias redete von einer | |
Partei, „die in nichts“ den anderen Parteien ähnelt, und vom „politischem | |
Lager“, Errejón von „einem Podemos ohne Etiketten“, das in der Lage sein | |
müsse, ihre Basis auszubauen, in dem jeder, egal woher er käme, willkommen | |
sei. | |
„Ja, wir können!“ und vor allem „Einheit! Einheit!“ skandierte die Men… | |
immer wieder. Sie applaudierte den beiden Kontrahenten gleichermaßen. „Ich | |
verstehe den Konflikt nicht wirklich“, gestand Pablo Susinos. Der | |
52-jährige Bibliothekar aus einem Dorf bei Santander gehört dem regionalen | |
Parteivorstand in Kantabrien an. „Die Auseinandersetzung ist sehr | |
madrilenisch“, meinte er. In den Provinzen sei davon wenig zu spüren. Er | |
selbst habe gemischt gewählt: „Die Besten der drei Listen.“ | |
## Vertrauen bei den Menschen schaffen | |
Pilar Vaquero (52), Beamtin aus Madrid, schlug sich im Streit auf die Seite | |
der „Pablistas“. Sie sieht in Iglesias’ neuer, mehr der herkömmlichen | |
linken Politik zugewandten Politik die Chance, einen „Wechsel in der | |
Gesellschaft herbeizuführen“. „Einheit ja, aber keine falsche Einheit“ w… | |
sie ab dem Montag verwirklicht sehen. Die Verlierer müssten sich | |
unterordnen. | |
„Wenn unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck gebracht werden, ist es nötig | |
zuzuhören“, mahnte Mar Mas. Die 50-jährige Kapitänin und LGBTI*-Aktivistin | |
wählte die Liste Errejón, weil ihrer Meinung nach Politik in den | |
Institutionen nötig sei, um Vertrauen bei den Menschen zu schaffen. Podemos | |
müsse in der Lage sein, Spanien zu regieren. Mas mahnte: „Wir müssen uns | |
zusammenraufen, denn wir haben eine große Verantwortung. Wir müssen Schluss | |
machen mit der sozialen Ungerechtigkeit, der Korruption, der Regierung der | |
PP und einer Sozialdemokratie, die keine ist.“ | |
12 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Spanien | |
Podemos | |
Pablo Iglesias | |
Spanien | |
Spanien | |
Podemos | |
Podemos | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Podemos-Problem Glaubwürdigkeit: Spaniens Linke und der Luxus | |
Zwei Amtsträger von Podemos, die eine Villa gekauft haben, sorgen für | |
Diskussionen. Jetzt soll die Basis sagen, ob sie in ihren Ämtern bleiben | |
dürfen. | |
Kommentar Podemos-Parteitag: Der Versuchung nicht erliegen | |
Das Tandem Iglesias/Errejón ist das Geheimnis des Podemos-Erfolgs. Die | |
Verlierer des Parteitags jetzt zu isolieren, wäre ein törichter Schritt. | |
Podemos-Parteitag in Madrid: Der Ruf nach Einheit | |
Es gibt Streit um die Zukunft der gerade einmal drei Jahre alten Partei. | |
Die Sorge um die Einheit ist vielen Teilnehmern des Parteitages anzumerken. | |
Streit bei Podemos in Spanien: Fundi, Realo oder beides? | |
Die spanische Podemos-Partei könnte zufrieden sein, ist aber zerstritten. | |
Die „Pablistas“ wollen Gegenmacht, die „Errejonistas“ Teil der Regierung | |
sein. |