# taz.de -- Die Wahrheit: Kiss it Goodbye | |
> Neues aus Neuseeland: Die derzeit grassierende apokalyptische Stimmung | |
> zieht reiche Auswanderer nach Aotearoa. Nicht jedem Kiwi gefällt das. | |
Diese paranoiden Superreichen! Erst bauen sie sich aus Angst vor Armageddon | |
Bunker in ihre Luxusvillen in Florida oder Palm Springs. Dort sitzen sie im | |
klimatisierten Privatkino mit Aluminiumfolie um den Kopf und Panik-Knopf in | |
der Hand, fürchten den totalen Zusammenbruch und gucken zur Ablenkung „Herr | |
der Ringe“. Dabei fällt der Cent: In Mittelerde, da ist die Welt noch in | |
Ordnung. | |
Noch nie vorher von gehört, von dieser grünen Insel hinter Australien, | |
außer bei John Oliver. Aber Forellen angeln kann man da, und der Chardonnay | |
ist ganz passabel. Immobilien mit eigenem Wasser und lebendem Frischfleisch | |
in Form von Schafen – das klingt nach guter „doomsday prep“, der | |
Vorbereitung des Ernstfalles. Dazu freundliche Eingeborene. Heile, heile | |
Hobbit! So kommt es, dass der schönste Arsch der Welt von Wall Street bis | |
Silicon Valley plötzlich ein hochkarätiges Fluchtziel geworden ist. | |
Multimilliardär Peter Thiel, der aus Deutschland stammende IT-Unternehmer | |
und Business-Freund von Donald Trump, wirbelt seit zwei Wochen die Politik | |
mit seinem Neuseeland-Exil auf. Ob Bloomberg oder Financial Times: Alle | |
berichteten, dass der 49-Jährige sich für fast 10 Millionen Euro ein 193 | |
Hektar großes Anwesen am Wanaka-See auf der Südinsel als kleines | |
Rettungsboot gegönnt hat. Um Aotearoa vor dem internationalen Ausverkauf zu | |
bewahren, darf man das als Ausländer eigentlich nur mit besonderer | |
Genehmigung. | |
Was jedoch viel spektakulärer ist und erst jetzt ans Licht kam: Das | |
sagenumwobene Tech-Wunderkind Thiel – Mitgründer von PayPal und früher | |
Facebook-Finanzier – konnte alle bürokratischen Hürden Down Under | |
überspringen, da er überraschenderweise als einer von 92 gutbetuchten | |
Investoren 2011 die neuseeländische Staatsbürgerschaft bekam. Überreicht im | |
Konsulat in Santa Monica. Das geht aus einem 149-Seiten-Dokument aus | |
Wellington hervor. | |
Die egalitären Kiwis erbost daran, dass sich Thiel in den fünf Jahren zuvor | |
nur ein paar Mal in seiner neuen Wahlheimat aufgehalten hat. Eigentlich | |
muss man 70 Prozent seiner Zeit dort verbringen, um „citizen“ zu werden. | |
Dafür investierte er in einen Venture Capital Fonds, mit dem er dick | |
abkassierte, und spendete eine Million nach dem Erdbeben in Christchurch. | |
Riecht nach gekauftem Pass. „Ich betone gerne, dass ich kein anderes Land | |
gefunden habe, dass mehr im Einklang mit meinen Zukunftsvorstellungen ist | |
als Neuseeland“, erklärte er gestelzt. Seltsam, dass er das bei all der | |
Liebe sechs Jahre lang still für sich behielt. Weil es im Weißen Haus nicht | |
gut ankommt? | |
Ein xenophober Kolumnist rief letzte Woche zum Mob-Angriff auf die | |
betuchten Eskapisten aus Übersee auf: „Explosionen auf euren | |
Super-Yachten“, drohte er, „ein Brandanschlag in eurem kleinen | |
16-Zimmer-Versteck“, vielleicht gar ein Kidnapping – niemand Neues könne | |
sich hier im Lande unter nur vier Millionen Einwohnern verstecken. | |
Hoffentlich kennt Peter Thiel die Zeile aus dem alten Eagles-Song: Call | |
some place paradise – kiss it goodbye. | |
9 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
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