# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: „Auch du mein Sohn, Kalle?“ | |
> Karl-Heinz Rummenigge möchte den europäischen Fußball aus den Fängen der | |
> Fifa befreien. Luxusuhren zu Schwertern – auf zum großen Gefecht! | |
Bild: Kommen sie bald, die Iden des Karl-Heinz? | |
Die Zeit zum Aufstehen ist gekommen. Es muss Schluss sein mit der | |
Knechtschaft, in der sich der europäische Fußball befindet. Die finsteren | |
Herrscher über den Weltfußball sind zu seelenlosen Jägern nach dem Profit | |
geworden, die Fifa längst eine Chiffre für das Böse an sich. Doch jetzt – | |
endlich – gibt es einen, der den sinistren Funktionären das Fürchten lehrt. | |
Karl-Heinz Rummenigge hat die Revolution verkündet. Seit Samstag weiß alle | |
Welt: Es geht ein Gespenst geht um in Europa. Es trägt das Gesicht eines | |
deutschen Fußballhelden. | |
Lange, vielleicht zu lange, musste die Welt auf jemanden warten, der die | |
Kühnheit besitzt, die Weltregierung des Fußballs anzugreifen. Karl-Heinz | |
Rummenigge ist nun zum äußersten entschlossen. Sein Manifest des Aufstands | |
verkündete er in der Sportpostille Fußball-Bild, und wer gelesen hat, was | |
der Revolutionsführer gesagt hat, weiß: Dem Mann, der als Vorstandschef des | |
FC Bayern tief unten in der Galeere des europäischen Fußball schuften muss, | |
ist es ernst. Er weiß, was eine Revolution mit sich bringen kann, und | |
rechnet – auch wenn er es eigentlich nicht möchte, sogar mit Blutvergießen. | |
Die Partei, die er im Kampf für mehr Gerechtigkeit im Weltfußball zum Sieg | |
führen will, heiß ECA. Für Rummenigge gibt es nur ein Ziel: Der Parteichef | |
will seine European Club Association, in der neben dem FC Barcelona, dem FC | |
Chelsea, Juventus Turin oder Paris Saint-Germain weitere 216 | |
bemitleidenswerte Existenzen organisiert sind, zum absoluten Sieg führen. | |
Es kann für ihn nur ein Ziel geben: die Diktatur des europäischen | |
Klubfußballs. | |
Wird Rummenigge selbst den Dolch führen, wenn es darum geht, die | |
Regentschaft von Fifa-Boss Gianni Infantino, dem er einst so eng verbunden | |
war, zu beenden? Wird der Revolutionär, der einst von Lippstadt aus | |
aufgebrochen war, um die Welt zu erobern, eine seiner ihm so lieb | |
gewordenen Uhren veräußern, um sich eine edle Klinge schmieden zu lassen? | |
Und was werden wohl die letzten Worte des zu meuchelnden Fußballregenten | |
Infantino sein? „Auch du mein Sohn, Kalle?“ Nachfolgende Generationen | |
werden es in den Annalen der Weltgeschichte nachlesen können. | |
Noch geht es für Revolutionsführer Rummenigge darum, die Reihen an der | |
Heimatfront hinter sich zu schließen. Er weiß, dass die Pläne zur | |
Erweiterung der Weltspiele des Fußballs auf ein Teilnehmerfeld von 48 | |
Nationen in Europa auf Hass und Ablehnung stoßen. Und wenn er, so wie er es | |
getan hat, fragt: „Brauchen wir eigentlich die Fifa und ihre kuriosen | |
Entscheidungen, die am Ende des Tages den Fußball nur belasten – und nicht | |
dem Fußball dienen?“, kann er sich des Applauses gewiss sein. Es geht | |
Rummenigge um nicht weniger als um die Rettung des Spiels, das in der Lage | |
ist, so vielen Menschen auch in schwierigen Zeiten ein Lächeln ins Gesicht | |
zu zaubern. | |
Rummenigge hat den Ruf nach einem starken Europa, der in diesen Tagen | |
beinahe allüberall zu vernehmen ist, gehört. Es geht ihm um Eroberung. Das | |
Bayernschiff, an dessen Ruder er sitzt, hat längst Kurs auf China genommen. | |
Dort gilt es abzugrasen, bevor es andere machen. Es gilt Märkte zu | |
besetzen, auf denen auch die Fifa das große Geschäft wittert. | |
Der Weltverband macht seine Geschäfte vor allem mit Spielern, die in | |
Rummenigges Partei organisiert sind. Das soll sich ändern. Der Revolutionär | |
droht damit, keine Ritter aus Europa mehr in ein Turnier der Fifa schicken | |
zu wollen. Und am Ende wird man ihm vielleicht ein Denkmal setzen, weil er | |
mit seinem Sturm auf das Establishment seinem Heimatklub, dem FC Bayern | |
München, einen Titel beschert, von dem die Fans bislang nicht einmal zu | |
träumen wagten. Bayern München als Weltmeister 2026 – es wäre der gerechte | |
Lohn für all das Blutvergießen, das vor uns liegt. | |
23 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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