# taz.de -- Google und Journalistenschulen: Investionen in Dankbarkeit | |
> Googles Medienoffensive geht weiter. Jetzt zielt man auf angehende | |
> JournalistInnen. Googles „News Lab“ baut ein „University Network“ auf. | |
Bild: Google unterstützt gezielt Einrichtungen, die „die Zukunft der Medien … | |
An diesem Wochenende ist es wieder so weit: Chefredakteure und | |
Verlagsmanager aus der ganzen Welt – auch von großen deutschen Verlagen wie | |
Axel Springer – fliegen zum Branchentreffen „Newsgeist“ ein, diesmal in | |
Phoenix/Arizona. Der wesentliche Treiber dieser geschlossenen Gesellschaft: | |
Google. Google veranstaltet und fördert Branchentalks, pumpt über einen | |
eigens eingerichteten Fonds für Innovationsprojekte europaweit 150 | |
Millionen Euro in die teils notleidende Szene und spendiert Stipendien für | |
sogenannte Datenjournalisten. | |
Von den bisherigen Google-Aktivitäten profitieren hierzulande – nicht | |
zuletzt auch finanziell – Dutzende Medienhäuser, darunter der Spiegel, die | |
FAZ, Lokalzeitungen und auch die taz. Nun kommt ein weiterer Baustein dazu: | |
Googles „News Lab“ baut ein „University Network“ auf und verpartnert si… | |
dafür mit den Institutionen, die Journalisten ausbilden – | |
Journalistenschulen und Fachbereiche an Universitäten, auch aus | |
Deutschland. | |
Der Tech-Konzern unterstützt gezielt Einrichtungen, die „die Zukunft der | |
Medien gestalten, indem sie die nächste Generation von Journalisten | |
ausbilden“, wie Google-Manager Nicholas Whitaker zum Start erklärte. Er | |
will eigene Ausbilder schicken, die angehenden Journalisten erklären, wie | |
sie im Netz kommunizieren, recherchieren und Informationen verifizieren – | |
natürlich mit nützlichen Helferlein des kalifornischen Konzerns. | |
„Google will angehende Journalisten an sich binden, die noch eine | |
jahrzehntelange Karriere in den Redaktionen vor sich haben und dann | |
vielleicht ein Gefühl von Dankbarkeit für Google mit sich herumtragen, weil | |
das Unternehmen ihnen bei den ersten Schritten geholfen hat“, befürchtet | |
Lorenz Matzat. Er ist Journalist und entwickelt Interaktives für diverse | |
Redaktionen. Googles Medienoffensive hält er für gefährlich: „Wenn man | |
jemanden gut kennt, ist es natürlich schwieriger, ihn zu kritisieren.“ | |
Für Deutschland listet Googles „University Network“ zum Start fünf Partne… | |
die Hamburg Media School, die Journalistik-Fachbereiche der Universitäten | |
Eichstätt-Ingolstadt und Dortmund, die Deutsche Journalistenschule und mit | |
dem Deutschen Journalistenverband auch eine ganze Gewerkschaft. Gefährden | |
sie ihre Unabhängigkeit? | |
## Unabhängigkeit durch Vielfalt | |
„Zum Trägerverein der Deutschen Journalistenschule gehören mehr als 50 | |
unterschiedliche (Medien-)Unternehmen“, schreibt DJS-Leiter Jörg | |
Sadrozinski. „Diese Vielfalt ist Garant für Unabhängigkeit und wird auch | |
nicht durch Google gefährdet oder in Frage gestellt.“ Neben dem Umgang mit | |
Google-Werkzeugen bringe die Schule ihren angehenden Journalisten außerdem | |
auch die Arbeit mit anderen „Tools“ bei. Der Tenor: keine Exklusivität. | |
Nicht Teil des „University Networks“ ist die Henri-Nannen-Schule. Er sei | |
bislang nicht gefragt worden, sagt Leiter Andreas Wolfers. Googles Mission | |
sei klar: „Es ist ziemlich eindeutig, dass Google damit Landschaftspflege | |
betreibt.“ Aber auch er sei „nicht prinzipiell“ gegen solche | |
Partnerschaften: „Man muss sich Googles Motive bei solchen Projekten | |
bewusstmachen und gegen den eigenen Nutzen abwägen.“ | |
Kritiker Matzat macht Google keinen Vorwurf. „Die machen alles richtig.“ | |
„Was mir fehlt ist eine Debatte darüber in den Medien, quasi in eigener | |
Sache“, sagt er. Solch eine Selbstreflektion dürfte auch in Phoenix | |
ausbleiben. Bei „Newsgeist“ sitzen Medienmacher und Google-Manager abends | |
gerne zusammen und spielen – ein weiterer Baustein in der Charmeoffensive | |
des Konzerns. | |
9 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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