# taz.de -- Großbrände in Israel: Auch der Hass lodert | |
> Verheerende Waldbrände in Israel verängstigen die Bevölkerung. Auf beiden | |
> Seiten gibt das Feuer auch Anlass zu Verdacht und Hetze. | |
Bild: Griechisches Löschflugzeug im Einsatz: In der Stadt Haifa wurden 60.000 … | |
Jerusalem taz | „Im Moment konzentrieren sich die Löscharbeiten auf Beit | |
Meir“, sagt die Frau vom Notruf. „Für Messilat Zion besteht akut keine | |
Gefahr.“ Trotz geschlossener Fenster riecht es aber nach Rauch in der | |
Wohnung. Seit Tagen wüten heftige Brände zu beiden Seiten der Autobahn, die | |
von Jerusalem Richtung Tel Aviv führt. Alle paar Stunden meldet die | |
israelische Polizei, die Feuer landesweit unter Kontrolle zu haben, und | |
alle paar Stunden kommt die Nachricht neuer Brandherde und Evakuierungen. | |
Heftige Windstöße lassen die Brandherde wie Pingpongbälle von einem Dorf | |
zum anderen springen. | |
In Haifa mussten über 60.000 Menschen vorübergehend ihre Wohnungen | |
verlassen, rund ein Drittel der Bevölkerung von Israels drittgrößter Stadt. | |
Einige Familien aus meinem Wohnort Messilat Zion, westlich von Jerusalem, | |
suchten freiwillig das Weite. Alle anderen warten auf das Signal der | |
Feuerwehr. Die Taschen mit Pässen, Geburtsurkunden und Familienalben stehen | |
bereit. So dringend wie nie wünschen sich die Leute Regen. Bis nächsten | |
Mittwoch, so prophezeien die Meteorologen, bleibt der Himmel wolkenlos. | |
Je länger die Katastrophe andauert, desto lauter meldet sich Kritik an | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu, der [1][seit dem letzten Großbrand] | |
sechs Jahre Zeit hatte, um sich auf die nächste Katastrophe vorzubereiten. | |
Der Karikaturist der liberalen Ha’aretz zeichnet Netanjahu vor lodernden | |
Flammen. „Ruf Schimron an, damit er uns einen Supertanker vermittelt“, | |
steht daneben: David Schimron ist Netanjahus persönlicher Anwalt. Dem | |
Verdacht nach soll er sich mit Netanjahus Hilfe am Kauf von drei U-Booten | |
aus Deutschland bereichert haben. Auf einer anderen Karikatur fliegt das | |
U-Boot durch die Luft und wirft Wasser auf brennende Häuser ab. | |
Aus Regierungssicht ist alles ganz anders. Die Polizei geht davon aus, dass | |
„in vielen Fällen nationalistisch motivierte Brandstiftungen“ vorliegen, | |
wie Polizeichef Roni Alscheisch auf einer improvisierten Pressekonferenz | |
erklärte. „Terror der Brandstiftung“ titelt am Freitag die regierungsnahe | |
Tageszeitung Israel Hajom, und Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der | |
Siedlerpartei Das jüdische Haus, twittert, dass „nur jemand, dem das Land | |
nicht gehört, in der Lage ist, es anzuzünden“. | |
## Verdacht der Brandstiftung | |
Mit Bedauern reagierte Ayman Odeh, Chef der [2][arabisch-antizionistischen | |
Fraktion Vereinte Liste] darauf, dass einige Politiker die Lage zur Hetze | |
missbrauchten. „Wer unser Heimatland liebt“, so Odeh, „der konzentriert | |
sich jetzt darauf, das Feuer zu löschen und den Verwundeten zu helfen, | |
anstatt Hass zu säen“. | |
Seit Mitte der Woche nahm die Polizei gut ein Dutzend Männer unter dem | |
Verdacht fest, dass sie Feuer legten oder dazu aufriefen. Netanjahu | |
versprach jedem, „der versucht, Teile des Staates Israel abzubrennen“, | |
harte Strafen. | |
Schnelle Hilfe kam ausgerechnet von Palästinensern, die mit vier | |
Löscheinheiten auch in Beit Meir im Einsatz sind. Die Solidarität ist groß, | |
wobei die frommen Juden aus Beit Meir eher in den ultraorthodoxen Vierteln | |
von Beth Schemesch Unterschlupf suchen und bei Verwandten in Jerusalem, | |
während sich die Leute aus dem [3][arabisch-jüdischen Dorf Neve Schalom] | |
lieber in die benachbarte weltlich-liberale Landwirtschaftskooperative | |
retten. | |
## Hass auch im Netz | |
Italien, Kroatien, Griechenland, die Türkei, Zypern und Russland helfen | |
Israel. Aber die größte Hoffnung knüpft man an den „Evergreen Supertanker�… | |
aus den USA, der vor sechs Jahren die Waldbrände im Carmelgebirge zum | |
Stillstand brachte. Damals starben 44 Israelis in den Flammen. | |
In sozialen Netzwerken auf Arabisch wird Israels Not bisweilen hämisch | |
kommentiert. #IsraelIsBurning, so lautet ein Hashtag, und in einem Kurzfilm | |
geht ein Mann mit Davidstern in Flammen auf. | |
Ein Vertreter der Hamas im Gazastreifen zog eine Verbindung zwischen den | |
Bränden und dem aktuell in Israel diskutierten Gesetzentwurf, der es dem | |
Muezzin verbieten würde, per Lautsprecher zum Gebet zu rufen. Ein besonders | |
zynischer Kommentar schlägt vor, „Flugzeuge zu schicken, die mit Benzin | |
gefüllt sind, das auf die Brände herabregnen soll“. Er wolle den „Duft | |
gegrillter Zionisten“ riechen. | |
25 Nov 2016 | |
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[3] http://wasns.org/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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