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# taz.de -- Kommentar DB-Nahverkehrszüge: Die Apokalypse auf Schienen
> Woran merkt man, dass DB-Manager nie Regionalbahn fahren? An ihrem Plan,
> Reservierungen auch in Nahverkehrszügen einzuführen.
Bild: Man will nicht mit ihnen fahren, aber muss es oft
Im neuen Jahr möchte die DB mehr Reservierungen im Nahverkehr anbieten.
Angezeigt werden die gebuchten Plätze freilich nicht. Auf Vorlage des
Belegs wird „Reise nach Jerusalem“ gespielt – lustig, wie beim
Kindergeburtstag! Freudenrufe und glockenhelles Lachen schallen durch den
RE3 von Stralsund nach Elsterwerda.
Doch wie steht es mit der Machbarkeit, dieser fiesen, kleinen Schwester der
guten Absicht? Man wird das Gefühl nicht los, dass die Verantwortlichen
wohl nicht so recht wissen, was Regionalverkehr bedeutet. Die „Regibahn“,
wie sie der Volksmund in einer Mischung aus Abscheu und Anerkennung, die
sich aus der uralten Faszination für das Böse speist, gerne nennt, ist so
wenig das Verkehrsmittel der Bahnmanager wie Maultier oder Draisine.
Darum erklären wir die Sache kurz: In besagtem RE3 herrscht
Freitagnachmittag an jedem Halt im Berliner Stadtgebiet Ausnahmezustand.
Der Ausstieg ist schwer, der Zustieg unmöglich, die Türen sind blockiert,
auf den Treppen stehen, wie Sardinen gedrängt, die Fahrgäste. Von Bahnhof
zu Bahnhof addiert sich die Verspätung. Am Wochenende wiederum fahren
Fußballfans plündernd und kloverstopfend durch die Lande.
Die absolute Apokalypse auf Schienen ist jedoch eine Fahrt mit dem RE1
während des Baumblütenfests in Werder bei Potsdam. Mir öffnen sich bereits
beim Anblick eines „Obstwein“-Etiketts im Supermarkt unkontrolliert
Tränensack und Schließmuskel und das alles nur wegen dieses einen Tages, an
dem er bei der Einfahrt in das Havelstädtchen aus dem Fenster blickte und
sich auf der Stelle tot wünschte.
Auf dem Bahnsteig hinderte ein Spalier Bullen in Kampfmontur eine
entfesselte Meute Volltrunkener daran, in die Gleise zu fallen. Als die
Bahn hielt, traten die Beschützer beiseite und machten den Weg frei zum
Sturm. Ein Wimmern drang an mein Ohr – möglich, dass es mein eigenes war.
Nur Sekunden später brandete eine Welle des Gestanks, des Lärms und des
Irrsinns derart gegen, in und durch den Zug, dass sie ihn fast umgeworfen
hätte.
Man wollte sich nicht vorstellen, dass an der nächsten Station jemand
zusteigen könnte und mit den Worten: „Sorry, ich hab ’ne Reservierung“,
einen besetzten Platz beanspruchte. Die Bestien hätten ihn bei lebendigem
Leib zerrissen.
20 Nov 2016
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Deutsche Bahn
Regionalverkehr
Öffentlicher Nahverkehr
Berlin Brandenburg
Brandenburg
Nachtzüge
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