# taz.de -- Parlamentswahl in Montenegro: Regierungspartei gewinnt | |
> Die Wahl galt als Referendum über den Nato-Beitritt des Landes. | |
> Ministerpräsident Djukanovic verpasste die absolute Mehrheit und braucht | |
> jetzt Partner. | |
Bild: Der alte und wohl auch neue Ministerpräsident Milo Djukanovic | |
SARAJEWO taz | Bei den Parlamentswahlen in dem mit 650 000 Einwohnern | |
kleinsten Balkanland Montenegro am vergangenen Sonntag zeichnet sich ein | |
knapper Sieg des seit 25 Jahren abwechselnd als Präsident oder | |
Regierungschef agierenden Milo Djukanovic und seiner „Demokratischen Partei | |
der Sozialisten“ (DPS) ab. Nach Hochrechnungen wurde bei | |
einerWahlbeteiligung von 73 Prozent die DPS mit 41 Prozent der Stimmen und | |
36 Mandaten stärkste Partei, braucht aber Partner im 81-sitzigen Parlament, | |
um eine Regierung bilden zu können. | |
Die Opposition ist zwar in mehrere Parteien zersplittert, hat jedoch | |
zusammengenommen mehr Sitze erreicht als die DPS. Die proserbische | |
Demokratische Front kam den Hochrechnungen vom Montag zufolge auf 20 | |
Prozent der Stimmen und 18 Mandate, das Bündnis Kljuc (Schlüssel) auf elf | |
Prozent (neun Mandate), die Demokraten auf zehn Prozent (acht Mandate) und | |
der ehemaligen Koalitionspartner der Regierungspartei, die | |
Sozialdemokratische Partei (SDP) auf fünf Prozent (vier Mandate). | |
Zusammengenommen wären das 39 Mandate. Die SDP ist zwar in das Lager der | |
Opposion umgeschwenkt, das letzte Wort über einen erneuten Schwenk scheint | |
jedoch noch nicht gesprochen. Verlassen kann sich Djukanovic aber auf die | |
Parteien der Minderheiten – der Bosniaken (2), Albaner (1) und Kroaten (1) | |
und auf die Abspaltung von der SDP, die Sozialdemokraten SD, mit zwei | |
Sitzen. Zusammen mit diesen Parteien könnte er eine hauchdünne Mehrheit für | |
eine neue Regierung erreichen. | |
Nach wie vor stehen sich die beiden politischen Lager in Montenegro | |
unversöhnlich gegenüber. Die Opposition repräsentiert diejenigen | |
politischen Kräfte im Lande, die seit Jahrzehnten die prowestliche Politik | |
Djukanovics ablehnen und serbisch nationalistische Positionen vertreten. | |
Nur gegen die Proteste dieses Lagers konnte Djukanovic 1997 mit dem | |
damaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic brechen. Obwohl die | |
Nato 1999 auch Montenegro bombardiert hatte, sympathisierte er mit der | |
westlichen Allianz. | |
## Nato oder nicht | |
Djukanovic führte Montenegro 2006 unter starken Protesten der proserbischen | |
Opposition in die Unabhängigkeit von Serbien. 2008 erkannte Montenegro | |
trotz massiver Proteste aus Belgrad sogar die Unabhängigkeit Kosovos | |
diplomatisch an. | |
Jetzt geht es um die Entscheidung, ob Montenegro der Nato beitritt oder | |
nicht. Den EU-Beitritt unterstützen auch Teile der Opposition, so die | |
Parteien „Schlüssel“ und die „Demokraten“. Gegen den Natobeitritt jedo… | |
haben sie gemeinsam mit der „Demokratischen Front“ mobil gemacht. Die | |
finanzielle und logistische Hilfe aus Serbien und Rußland für die | |
„Demokratische Front“ und die Opposition hat aber offenbar nicht | |
ausgereicht, das Ruder herumzureißen. | |
Doch der Vorsprung Djukanovics ist hauchdünn. Die Opposition fordert einen | |
Volksentscheid über den Eintritt in die Nato. Demgegenüber erklärte | |
Djukanovic noch am Wahlabend, jetzt werde es möglich sein, „das Protokoll | |
zum Beitritt zur Nato zu ratifizieren“. | |
Zu der Mitteilung der Polizei, ein Komplott einer serbischen | |
Extremistengruppe zum Sturz der Regierung verhindert zu haben, äußerte sich | |
der Ministerpräsident nicht. In der Nacht zum Sonntag sollen 20 Serben | |
festgenommen worden sein. Die Polizei wirft der angeblich von dem früheren | |
serbischen Gendamerie-General Bratislav Dikic geleiteten Gruppe vor, sie | |
hätten geplant, den Ministerpräsidenten gefangenzunehmen und die Kontrolle | |
über das Parlament zu übernehmen. | |
17 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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