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# taz.de -- Protest gegen Waldrodungen: Rote Linie im Hambacher Forst
> Am Rheinischen Braunkohlerevier sollen die Rodungsarbeiten wieder
> beginnen. Am Wochenende protestierten rund tausend Menschen.
Bild: Wer ist hier „Unbefugter“?
Hambach taz | Den Wald hatten sie im Rücken, die Abbruchkante der riesigen
Braunkohle-Lochlandschaft direkt vor sich. Am Sonntagnachmittag formierte
sich eine zwei Kilometer lange Kette rot gekleideter Menschen auf der
stillgelegten Autobahntrasse A4: Bis hierher und nicht weiter, hieß das.
Keine Rodung mehr im Hambacher Forst. Die Polizei sprach von tausend
TeilnehmerInnen. Damit war die Aktion „Rote Linie“ der größte Protest der
letzten Jahre.
Ende Oktober endet nach dem Naturschutzgesetz die jährliche Schonzeit, und
die Rodungssaison kann wieder beginnen. Der Wald zwischen Köln und Aachen,
der hier kontinuierlich abgeholzt wird, ist 12.000 Jahre alt und teils
naturbelassen, weswegen er oft – nicht ganz korrekt – als „Mitteleuropas
letzter Urwald“ bezeichnet wird.
Ab Frühjahr werden unaufhaltsam die Monsterbagger des Energiekonzerns RWE
vorrücken. Tagebau. Dinotechnologie. Heimatverstromung in ineffizienten
Kohlendioxidfabriken: Das treibt die Leute zu Protesten. Der Aachener
Waldpädagoge Michael Zobel hat die Aktion vom Wochenende mitorganisiert:
„Im Traum hatte ich mit 500 Leuten gerechnet. Es war phänomenal.“
Zobel und seine Partnerin Eva Töller haben seit Anfang 2015 über 4.000
Menschen auf Waldspaziergängen in den Forst geführt. „Wir machen weiter“,
schreibt er, „gegen diesen IrRWEg“. Zobel hatte RWE im September einen
Brief geschrieben mit dem Angebot zum Dialog. Zurückgekommen sei ein
Formschreiben „mit altbekannten RWE-Textbausteinen, sehr dürftig,
desillusionierend und eines Konzerns mit dieser Bedeutung unwürdig“, sagt
Zobel.
Opfer des Braunkohlefraßes sind nicht nur Klima, Natur und Dutzende
abgegrabene Orte, sondern auch Nachbargemeinden wie Buir als „zukünftiges
Grubenranddorf“, wie die Bürgerinitiative „Buirer für Buir“ schreibt. D…
Ort ist jetzt schon eingepfercht zwischen neuer Autobahn und Kohlebahn.
## Nur noch 1.000 Hektar
Die verbliebenen 1.000 von ehemals 5.000 Hektar Hambacher Forst sind seine
letzte Barriere: „Wir brauchen den Wald. Er schützt uns vor dem Tagebau“,
meint der Buirer Imker Walter Schmidt. Denn der bringt Lärm, Verkehr und
hohe Feinstaubbelastungen. In den Nachbargemeinden wird umgesiedelt: „Viele
Alte leiden dramatisch bei der Aussicht auf ein neues Dorfleben von der
Stange“, sagt der 71-jährige Gerhard Kern. „Das ist Entkulturation.“
RWE Power gibt sich unbeeindruckt. In den nächsten zwei Jahren werde Hand
an den Restforst gelegt, heißt es nun. Erstaunlich: Zuletzt war immer von
den nächsten Wochen die Rede. Aber RWE kämpft an vielen Fronten: Mit
Braunkohle ist kaum noch Kohle zu machen, das Image ist so weit im Keller
wie der RWE-Aktienkurs (in zehn Jahren minus 80 Prozent), worunter auch
Städte und Gemeinden leiden, die Anteile halten.
Der Druck indes wächst. Politik wie Polizei sind die Auseinandersetzungen
leid. Zobel berichtet von einem Anruf aus dem Aachener Polizeipräsidium
nach den Aktionen: „Machen Sie weiter“, habe der Beamte gesagt.
Am 13. November ist ein Fackel- und Laternenlauf geplant, passend zum
Sankt-Martins-Tag, der hier noch mit einem Umzug begangen wird. Zobel: „Wir
sind in einer ganz spannenden Phase. Ich habe das Gefühl: jetzt oder nie.“
24 Oct 2016
## AUTOREN
Bernd Müllender
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