# taz.de -- Flüchtlingsheime in Berlin: Container nicht mehr willkommen | |
> Kurz vor Baubeginn entbrennt heftiger Streit über ein geplantes | |
> Containerheim in Marzahn-Hellersdorf. SPD- und CDU-Politiker wollen den | |
> Standort nicht mehr. | |
Bild: Nicht wirklich gemütlich: Wohncontainer für Geflüchtete | |
Im Westen der Schlosspark Biesdorf, im Osten der Landschaftspark Wuhletal, | |
dazwischen Einfamilienhäuser mit Gartenzwergen und Stockrosen in den | |
Vorgärten: Im südlichen Teil des Bezirks sieht Marzahn-Hellersdorf anders | |
aus, als es die bei diesem Namen vor dem inneren Auge aufsteigenden Bilder | |
vermuten lassen. Hier, auf einer großen Brachfläche an der Dingolfinger | |
Straße, soll ein weiteres sogenanntes Tempohome entstehen, eine | |
Containerunterkunft für Flüchtlinge mit Platz für 250 Menschen. | |
Im Mai wurden die 30 neuen Tempohome-Standorte beschlossen, das Grundstück | |
in Biesdorf war von Anfang an auf der Liste. Doch jetzt gibt es heftigen | |
Gegenwind aus Marzahn-Hellersdorf – nicht von AnwohnerInnen, sondern aus | |
dem Bezirksamt: Nachdem die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH | |
(BIM) am Mittwoch mitteilte, mit der Einzäunung des Grundstücks zu | |
beginnen, wandte sich der Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (SPD) mit der | |
Bitte um einen „einvernehmlichen Verzicht auf den Standort“ an den Senat. | |
Baustadtrat Christian Gräff (CDU) legte am Wochenende in mehreren Medien | |
nach: Marzahn-Hellersdorf sei bereits überproportional belastet. Dass trotz | |
der laufenden Streitigkeiten nun die Bauarbeiten beginnen sollen, sei ein | |
„unfassbarer Umgang des SPD-Finanzsenators mit dem Bezirk“, sagte Gräff der | |
Berliner Zeitung. | |
Rückenwind bekommt er dabei von einem Parteikollegen von ganz oben: Laut | |
RBBhat sich der CDU-Sozialsenator Mario Czaja bereits Anfang des Monats mit | |
einem Brief an den Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen gewandt und darin | |
ebenfalls um eine Überprüfung gebeten. Das Ziel, „eine gerechte Verteilung | |
auf alle Bezirke dieser Stadt zu erreichen“, sei „angesichts der | |
Standortkonzentration in Marzahn-Hellersdorf als massiv gefährdet | |
anzusehen“, schreibt Czaja dort. | |
Dass sich der Sozialsenator ausgerechnet in Biesdorf so engagiert, ist wohl | |
kein Zufall: Der aus Kaulsdorf und Mahlsdorf bestehende Wahlkreis des | |
Politikers liegt direkt nebenan, die drei Stadtteile haben eine ähnliche | |
Einwohnerstruktur. In dem Wahlkreis wiederum, zu dem der umstrittene | |
Standort gehört, holte in diesem Jahr ausgerechnet Christian Gräff das | |
Direktmandat für die CDU. | |
Neben möglichen Wählergeschenken gibt es aber noch einen zweiten | |
Hintergrund für den Konflikt: Ob Berlin die 30 Standorte tatsächlich noch | |
braucht, ist mittlerweile umstritten. Im September hatte der Senat | |
beschlossen, zunächst nur noch 18 statt der ursprünglich vorgesehenen 30 | |
Unterkünfte zu bauen – ob und wann die übrigen zwölf gebaut werden sollen, | |
ist unklar. Denn seit Abschluss des Deutschland-Türkei-Deals im März kommen | |
auch in Berlin erheblich weniger Flüchtlinge an. Rund 1.000 Flüchtlinge | |
ziehen außerdem in diesen Tagen aus Berliner Unterkünften in das | |
Erstaufnahmelager im brandenburgischen Wünsdorf. | |
Angesichts dieser veränderten Situation entbrennt der Streit um die | |
Berliner Standorte neu. Von einem Bezirkspolitiker hieß es am Sonntag, der | |
Senat werde in seiner Sitzung in dieser Woche auch über die Unterkunft | |
Dingolfinger Straße sprechen. | |
23 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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Sebastian Czaja | |
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