# taz.de -- Lage in Zentralafrikanischer Republik: Verbrannte Erde nach Milizen… | |
> Das Aufflammen von Gewalt bedroht den Frieden. Dabei wird eine Kleinstadt | |
> zur Front: 200.000 Menschen um Kaga Bandoro brauchen humanitäre Hilfe. | |
Bild: Viele haben ihr Zuhause verloren: die Frontstadt Kaga Bandoro | |
Berlin taz | Der fragile Frieden in der Zentralafrikanischen Republik seit | |
der Wahl des neuen Präsidenten Faustin-Archange Taoudéra im Februar steht | |
wieder vor dem Zusammenbruch. Brennpunkt der neuen Gewalt: die Kleinstadt | |
Kaga Bandoro rund 300 Kilometer nördlich der Hauptstadt, aus der immer mehr | |
Fliehende Bangui erreichen. Präsident Taoudéra besuchte die Stadt am | |
Mittwoch. | |
Kaga Bandoro ist eine Art Frontstadt. Nördlich beginnt das weitgehend | |
menschenleere Gebiet der muslimischen Minderheiten, wo der Staat | |
traditionell nicht existiert. Südlich führt die Straße in die Hauptstadt | |
Bangui. Aus dem Norden fiel 2013 die muslimische Rebellenallianz „Seleka“ | |
in Bangui ein und ergriff die Macht, und dorthin zog sie sich 2015 wieder | |
zurück, nachdem sie gestürzt wurde. | |
Als Anfang 2015 fast alle Muslime Banguis und anderer Städte von | |
antimuslimischen Milizen, genannt „Anti-Balaka“, getötet oder vertrieben | |
wurden, sammelten sich fliehende Muslime unter Seleka-Schutz in Kaga | |
Bandoro; umgekehrt flohen christliche Dorfbewohner aus dem Umland vor | |
marodierenden Seleka-Kämpfern in die Stadt. Kaga Bandoro war seither | |
praktisch geteilt. Rund 200.000 Menschen in und um die Stadt sind auf | |
humanitäre Hilfe angewiesen. | |
Die Demobilisierung kommt nicht voran. Die ehemaligen Seleka-Kämpfer haben | |
sich in ihre alten Hochburgen zurückgezogen; in Bangui verweigern die | |
Anti-Balaka die Entwaffnung. Die UNO setzt auf lokale Entwaffnungsprozesse | |
– sogenannte „Sicherheitsblasen“, in denen es keine bewaffnete Gruppen | |
gibt. Aber das funktioniert nur punktuell. | |
## Die meisten Hütten gingen in Flammen auf | |
Im September begannen die Blauhelme in Kaga Bandoro, Seleka-Straßensperren | |
zu entfernen. Als Reaktion darauf nahmen Überfälle zu: Nach einer | |
UN-Aufstellung sind 95 Prozent aller Mitarbeiter von Hilfswerken in Kaga | |
Bandoro schon einmal Opfer von Plünderung oder Brandstiftung geworden. | |
Am 12. Oktober griffen mutmaßliche Ex-Seleka-Kämpfer das Vertriebenenlager | |
„Evêché“ (Bischofssitz) an, nachdem einer der Ihren beim versuchten | |
Diebstahl eines Generators getötet worden war. Die meisten Hütten des | |
Lagers, in dem 7.117 Binnenvertriebene registriert waren, gingen in Flammen | |
auf; mindestens 37 Menschen wurden getötet. Die UNO evakuierte ausländische | |
Helfer nach Bangui und tötete 12 bis 20 Angreifer, während 10.000 Menschen | |
im strömenden Regen Schutz bei der UN-Basis suchten. | |
Der christliche Teil der Bevölkerung traut den pakistanischen UN-Blauhelmen | |
in Kaga Bandoro nicht, weil sie Muslime sind. „Die Pakistanis statten die | |
Seleka mit Munition aus“, behauptete Eric Christ Gallo, Kaga Bandoros | |
Wahlkreisabgeordneter der Partei UNDP (Nationalunion für Demokratie und | |
Fortschritt) des christlichen Millionärs Michel Amine. L | |
aut Gallo gibt es in Kaga Bandoro bis zu 300 Tote unter der „Bevölkerung“ … | |
ein Begriff, der für dieses politische Lager die Muslime nicht einschließt. | |
Die Christen verlassen sich lieber auf die Blauhelme aus dem sehr | |
christlichen Burundi. | |
20 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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