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# taz.de -- Infos für Insider: Futter für Politik-Nerds
> Der „Rundblick Niedersachsen“ ist ein exklusives landespolitisches
> Onlinemagazin – zum Teil finanziert von den Metall-Arbeitgebern
Bild: Kommt im „Rundblick“ auch schon mal mit Audiofiles zu Wort: Ministerp…
HAMBURG taz | Die Azubis im Hotel- und Gaststättengewerbe sind unzufrieden.
Die landeseigene Tourismusmarketing Niedersachsen GmbH ist bloß ein
„Gemischtwarenladen mit durchwachsenem Budget“. Und bald befasst sich ein
Expertengremium mit den Arbeitszeiten der Lehrer.
Solche Informationen liefert im Netz der „[1][Rundblick Niedersachsen]“,
ein Fachdienst für Menschen, deren tägliches Brot die Landespolitik ist.
„Politikjournal für Niedersachsen“ lautet der Untertitel, doch das führt …
die Irre, denn der niedersächsische Normalbürger hat vom „Rundblick“ noch
nie etwas gehört.
Der Kern des Angebots ist eine fünfmal pro Woche erscheinende PDF-Ausgabe,
die man für 111 Euro pro Quartal abonnieren kann. Dies tun Parlamentarier
und Verbände, Behörden und Kommunen. Ein kleiner Teil der Artikel steht
frei online.
## Landespolitik für Insider
Der „Rundblick Niedersachsen“ ist republikweit ein Sonderfall, einen
landespolitischen Informationsdienst für Insider gibt es anderen
Bundesländern nicht. Der Urvater des „Rundblicks“ ist Rolf Zick,
langjähriger Vorsitzender der Landespressekonferenz in Hannover und heute,
im Alter von 95 Jahren, deren Ehrenvorsitzender. Er gründete 1974 den
Branchendienst Nord-Report, der 2001 mit dem landespolitischen
Informationsdienst „Rundblick“ fusionierte.
Seit diesem Sommer ist manches anders geworden beim „Rundblick“. Die
Zwei-Mann-Redaktion wurde neu besetzt und das Angebot optisch modernisiert.
Außerdem bietet die in unmittelbarer Nähe zum Landtag residierende
Redaktion nun Soundcloud-Audiofiles mit Politiker-O-Tönen an.
Nicht zuletzt zeichne sich man durch eine „größere Meinungsfreude“ und
durch „mehr Hintergrundberichterstattung“ aus als in den Jahrzehnten zuvor,
sagt Klaus Wallbaum, der neue Chefredakteur.
Wallbaum ist kein kleines Kaliber. Er war ein Vierteljahrhundert für
Madsacks Hannoversche Allgemeine Zeitung tätig, wechselte dann 2014 in die
Zentralredaktion des Medienkonzerns, das sogenannte Redaktionsnetzwerk
Deutschland. Außerdem hat der Landespolitik-Fachmann 2010 eine viel
gewürdigte Biografie über Rudolf Diels veröffentlicht, den ersten Chef der
Gestapo, der später auf sehr gutem Fuß mit Spiegel-Gründer Rudolf Augstein
stand.
## Großer Name, kleines Blatt
Man könnte sagen, dass Wallbaum ein etwas zu großer Name ist für ein
publizistisches Mininischen-Angebot. Man kann aber auch den Eindruck
gewinnen, dass der Mittfünfziger dort ganz gut aufgehoben ist, weil es
landespolitische Themen anderswo mittlerweile schwer haben.
Er selbst nennt ein Beispiel: Das Vorkommen des Wolfs in Niedersachsen sei
in den vergangenen Monaten überall ein großes Thema gewesen. Aber dass
Ministerpräsident Stephan Weil „die Staatskanzlei aufgebläht“ habe, währ…
viele Regierungschefs vor ihm „eher auf eine schlanke Staatskanzlei gesetzt
haben“ – so etwas werde heute nur noch selten gründlich analysiert. „Das
war vor zehn Jahren vielleicht noch anders“, meint Wallbaum.
Sein Kollege Martin Brüning, Chefredakteur für neue Medien, ergänzt, ein
Zeitungsredakteur entscheide sich eher für einen Unfall auf der Autobahn
als für die Neuregelung des Paragrafen 45 des Personenbeförderungsgesetzes
– „obwohl es da um viel Geld geht, nämlich, wie viel die Busunternehmen von
den Kommunen für die Schülerbeförderung bekommen“.
## Niedersachsenmetall zahlt
Dafür, dass Wallbaum und er solche vordergründig nerdig-trockenen Themen in
allen Details ausbreiten können, sorgt ein ungewöhnlicher Geldgeber. Hinter
der Drei-Quellen-Mediengruppe, in der der „Rundblick“ erscheint, steht der
Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall. Dessen Geschäftsführer Volker
Schmidt ist in Personalunion auch Geschäftsführer des Verlags. Das wirkt
anrüchig, aber Brüning sagt: „Wenn uns nicht garantiert worden wäre, dass
Niedersachsenmetall keinen Einfluss auf die redaktionelle Arbeit nimmt,
hätte ich meinen Arbeitsvertrag nicht unterschrieben.“
Andererseits gibt ein Verlag ja bereits durch seine Personalauswahl immer
auch eine Richtung vor. Martin Brüning zum Beispiel war mehr als vier Jahre
Pressesprecher und stellvertretender Geschäftsführer der FDP-Fraktion im
Niedersächsischen Landtag.
Hielte Niedersachsenmetall nicht „die redaktionelle Freiheit“ hoch, bekämen
wir ein Glaubwürdigkeitsproblem“, so Verbandssprecher Christian Budde.
„Unsere Abonnenten in den Kommunen und Landkreisen würden verwundert
gucken, wenn der ‚Rundblick‘ plötzlich ein Mitgliedsunternehmen unseres
Verbands porträtierte.“ Der „Rundblick“, verspricht er, werde „giftig …
alle Richtungen bleiben“.
12 Oct 2016
## LINKS
[1] http://www.rundblick-niedersachsen.de/
## AUTOREN
René Martens
## TAGS
Medien
Niedersachsen
Landespolitik
SPD Niedersachsen
Belit Onay
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