# taz.de -- Michael Müller über Stadtentwicklung: „Das ist eine vertane Cha… | |
> Dass auf der UN-Konferenz zur Stadtentwicklung kein Minister aus Berlin | |
> ist, kann der Regierende Bürgermeister nicht verstehen. | |
Bild: Mit dem Fahrrad ins Zentrum: In Quito wird auch über Alternativen beim S… | |
taz: Herr Müller, Habitat III verfolgt hehre Ziele – umweltverträgliche, | |
soziale Städte zu schaffen. Was bringt das Treffen der Bürgermeister dafür? | |
Michael Müller: Die Vernetzung ist wichtig. Wir haben ja gleiche Probleme: | |
den Klimawandel zu stoppen, das Wachstum der Städte zu bewältigen und | |
sozialen Ausgleich zu bewahren. | |
Was bringt der Austausch zwischen Städten konkret? | |
Wir haben zum Beispiel in einer Konferenz gehört, dass in Australien die | |
Kommunikation der Verwaltung mit den Bürgern auf online umgestellt wurde. | |
Doch damit wurden keineswegs alle Bevölkerungsgruppen erreicht. Online ist | |
also auch nicht der Königsweg. Das ist für uns in Berlin interessant. Und: | |
Berlin hat mit Johannesburg ein Projekt vereinbart, in dem unsere beiden | |
Verkehrssysteme überprüft werden. | |
Das ist alles kleinteilig. | |
Aber das ist doch das Schöne. Es ist immer konkret. | |
Klimawandel, Bekämpfung der Armut – das ist vor allem Sache der | |
Regierungen. Sie engagieren sich bei Metropolis, einem internationalen | |
Verbund von Städten. Konkurriert dieses urbane Netzwerk mit den | |
Regierungen? Oder ist das eine Ergänzung? | |
Das ist ein wunder Punkt. Wir, die Städte, mussten ja hart kämpfen, um an | |
Habitat III überhaupt beteiligt zu werden. Das sollte ausschließlich auf | |
nationaler Ebene passieren, ohne Städte. Das ist so, als würden wir über | |
die Unterstützung von Kommunen reden, ohne dass der Städtetag mitreden | |
darf. Ziemlich absurd. Das haben wir geändert. | |
Das Problem ist: Was in Quito beschlossen wird, ist nicht | |
rechtsverbindlich. Niemand aus Delhi kann vor Gericht das Recht auf | |
sauberes Wasser oder Bildung einklagen. | |
Stimmt. Deshalb ist die Frage: Welche Umsetzungsschritte kommen nun im | |
Habitat-Prozess? Welche Instrumente haben Städte künftig, um die Ziele der | |
New Urban Agenda zu verwirklichen? | |
Und? | |
Wir müssen darauf pochen, dass vonseiten der UN und der nationalen | |
Regierungen umgesetzt werden kann, was hier beschlossen wurde. Und dass die | |
Mittel vor Ort ankommen. | |
Aber es gibt keine Sanktionen, weder positiv noch negativ. Keine | |
Stadtregierung muss ihre Politik auch nur einen Millimeter ändern. Habitat | |
ist ein Anstoß zur Bewusstseinsbildung … | |
Richtig. | |
Aber nicht mehr. | |
Das ist mir zu defensiv. Da ist schon eine neue Qualität. Es ist gelungen, | |
in der UN ins Bewusstsein zu rücken, dass man drängende globale Probleme | |
nicht ohne kommunale Ebene lösen kann. Und dass dezentral wichtig ist. Das | |
ist nicht nur Papier, sondern gelebtes Leben. Außerdem: Seit einem Jahr | |
spielt Mobilität im Habitat-Prozess eine große Rolle. Als ich vor vier | |
Jahren in das Thema eingestiegen bin, war das anders. Damals ging es starr | |
um Siedlungs- und Baupolitik. Jetzt geht es um Stadtentwicklungspolitik, | |
mit Gesundheit und Bildung. Das ist sinnvoll. | |
Sie sind jetzt der ranghöchste Vertreter der deutschen Delegation – | |
unverhofft. Denn die beiden Bundesminister, für wirtschaftliche | |
Zusammenarbeit und Umwelt, Gerd Müller und Barbara Hendricks, haben | |
abgesagt. Offenbar hält die Bundesregierung Habitat III für unwichtig. Ist | |
das kein fatales Zeichen? | |
Das ist bedauerlich, auch wenn da Terminschwierigkeiten eine Rolle gespielt | |
haben. Denn viele schauen weltweit nach Deutschland, das sich über | |
Jahrzehnte mit sozialem Frieden gut entwickelt hat. Viele interessiert, von | |
deutschen Ministern oder Bürgermeistern zu hören, wie es bei uns | |
weitergehen soll. Insofern ist es eine vertane Chance, dass keine | |
Bundesminister hier sind. | |
18 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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